Serbischer Präsident schlägt kürzere Schulstunden zur Anpassung an digitale Aufmerksamkeitsmuster vor
Bearbeitet von: Olga Samsonova
Die serbische Bildungslandschaft sieht sich mit einer grundlegenden Debatte konfrontiert, ausgelöst durch einen Vorschlag des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić Ende 2025. Dieser sieht eine Reduzierung der üblichen Schulstundendauer von 45 Minuten vor. Die Initiative zielt darauf ab, die Aufmerksamkeitsspanne der Schüler an die Anforderungen der modernen digitalen Welt anzupassen, da angenommen wird, dass die volle Konzentration über die gesamte traditionelle Unterrichtszeit hinweg nur schwer aufrechtzuerhalten ist. Diese Überlegungen stehen im Einklang mit progressiven Bildungsansätzen, die etablierte Strukturen hinterfragen, um zeitgemäßere Lernmethoden zu integrieren.
Bereits während der Coronavirus-Pandemie wurden die Unterrichtseinheiten in Serbien temporär auf 30 oder 35 Minuten verkürzt, womit ein Präzedenzfall für kürzere Einheiten geschaffen wurde. Parallel dazu hat das serbische Ministerium für Information und Telekommunikation, vertreten durch Mihailo Jovanović, die Digitalisierung vorangetrieben. Über 3.800 Schulen wurden mit Highspeed-Internet versorgt, um mehr als 730.000 Schüler und 100.000 Lehrkräfte in ein modernes digitales Umfeld einzugliedern. Die Notwendigkeit einer Anpassung der Unterrichtsstruktur wird durch psychologische Beobachtungen gestützt.
Die Psychologin Jelena Manojlović sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der Verringerung der Aufmerksamkeitsfähigkeit und dem beschleunigten Lebenstempo sowie dem Konsum kurzformatiger Videoinhalte in sozialen Medien. Sie argumentiert, dass kürzere Einheiten eine straffere Lehrplanstruktur erfordern würden, was tiefere Wissensaneignung anstelle von reinem Auswendiglernen für Prüfungen fördern könnte. Diese Beobachtung wird von der Psychologin Jovana Stojković bestätigt, die darauf verweist, dass Kinder unter 15 Jahren durch Plattformen wie TikTok ständig stimuliert werden, was zu einer fragmentierten Aufmerksamkeit führt, deren Spanne teilweise nur acht Sekunden betrage. Stojković merkt an, dass die ersten 20 Minuten einer Lektion die produktivste Lernphase darstellen.
Der Soziologe Bojan Panaotović unterstützt die Prüfung dieser Änderung, mahnt jedoch zur Vorsicht: Die Qualität des Unterrichts müsse die Quantität übersteigen, und 30-minütige Sitzungen müssten hochintensiv gestaltet sein. Im Gegensatz dazu weisen andere europäische Bildungssysteme, wie Deutschland und Österreich, Unterrichtsblöcke von mindestens 50 Minuten auf, wobei interaktive Blockeinheiten von 90 Minuten positive Lernergebnisse zeigen. Kritiker der Verkürzung befürchten, dass bereits die bestehenden 45 Minuten, die Zeit für Überprüfungen und Unterrichtsplanung beinhalten, weiter ausgehöhlt werden könnten.
Die Debatte spiegelt die breitere Auseinandersetzung mit der digitalen Transformation wider, bei der Phänomene wie Multitasking beim Lernen, gefördert durch soziale Medien, die kognitive Leistungsfähigkeit Jugendlicher nachweislich negativ beeinflussen können. Die gegenwärtige Diskussion in Serbien markiert einen bedeutenden Punkt für die Modernisierung des nationalen Lehrprozesses und die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen digitaler Realität und effektiver Wissensvermittlung.
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Quellen
Dnevnik
Danas
Naslovi.net
Informer
Blic
Zelena učionica
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