EU führt einheitlichen Schutz für geografische Herkunftsangaben bei handwerklichen und industriellen Erzeugnissen ein
Bearbeitet von: Iryna Balihorodska
Der Europäische Union hat am Montag, dem 1. Dezember 2025, offiziell ein spezialisiertes, vereinheitlichtes Schutzsystem für geografisch gebundene handwerkliche und industrielle Produkte ins Leben gerufen. Dieser grundlegende Schritt, verankert in der Verordnung (EU) 2023/2411, erweitert die bestehende EU-Systematik der geografischen Angaben (g.g.A.) auf nicht-landwirtschaftliche Güter. Damit wird die bereits etablierte Schutzebene für Agrarerzeugnisse, wie etwa Käsesorten oder Weine, ergänzt und auf einen neuen Sektor ausgedehnt.
Die neu geschaffene Rechtsgrundlage ermöglicht es Herstellern aus verschiedenen Gewerken – darunter Glasbläser, Töpfer, Messerschmiede und Juweliere – ihre Produktbezeichnungen als Handwerkliche und Industrielle Geografische Angaben (HIGO) registrieren zu lassen. Diese Initiative zielt darauf ab, einzigartiges Fachwissen zu bewahren, die Beschäftigung in den jeweiligen Regionen zu fördern und den Verbrauchern die Identifizierung authentischer, qualitativ hochwertiger europäischer Erzeugnisse zu erleichtern. Dadurch soll das Vertrauen in die Echtheit der Produkte gestärkt werden. Zuständig für die Verwaltung des HIGO-Registrierungsverfahrens ist das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz in Alicante, Spanien.
Das reguläre Antragsverfahren gliedert sich in zwei Hauptphasen. Zunächst reichen die Produzenten ihren Antrag mitsamt einer detaillierten „Produktspezifikation“ bei der national zuständigen Behörde ein, welche eine erste Prüfung vornimmt und gegebenenfalls nationale Einsprüche zulässt. Nach erfolgreichem Abschluss dieser nationalen Stufe wird der Antrag an das EUIPO weitergeleitet. Dort erfolgt die europaweite Prüfung inklusive eines unionsweiten Einspruchsverfahrens, bevor die endgültige Entscheidung über die Eintragung getroffen wird. João Negrão, der Exekutivdirektor des EUIPO, betonte, dass das HIGO-System das Potenzial birgt, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern und die lokale Identität zu festigen.
Für einige Mitgliedstaaten wurde eine Sonderregelung geschaffen: Sie dürfen Anträge direkt beim EUIPO einreichen, da sie von der Pflicht zur Einrichtung eines nationalen Systems befreit wurden. Zu diesen Ländern gehören Dänemark, Finnland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande und Schweden. Die übrigen zwanzig EU-Mitgliedstaaten werden das standardmäßige zweistufige Verfahren unter Einbeziehung einer nationalen Aufsichtsbehörde befolgen. Sollte in einem Staat der nationale Ansprechpartner fehlen, übernimmt das EUIPO die nationale Verfahrensstufe, wobei es durch eine zentrale Kontaktstelle im jeweiligen Mitgliedstaat unterstützt wird.
Die Einführung des HIGO-Systems stellt einen bedeutenden Schritt zur Harmonisierung der Rechte an geistigem Eigentum innerhalb des EU-Binnenmarktes dar. Es formalisiert und schützt das regionale wirtschaftliche und kulturelle Erbe. Beispiele für Produkte, die künftig Schutz genießen können, sind das Muranoglas, das Limoges-Porzellan, die Solinger Messer oder der Carrara-Marmor. Der Schutz erstreckt sich nicht nur auf physische Waren, sondern auch auf Internet-Domainnamen und den Fernabsatz von Produkten sowie auf Erzeugnisse, in die ein registriertes Produkt integriert wurde. Internationale Schutzbestimmungen, die durch Abkommen mit der WIPO vorgesehen sind, unterstreichen die Strategie, die globalen Marktpositionen dieser spezialisierten europäischen Güter zu stärken.
Ein kritischer Punkt ist die Übergangsregelung: Bestehende nationale Geografische Angaben für handwerkliche und industrielle Produkte verlieren ihre Gültigkeit ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung, also am 2. Dezember 2026. Diese Frist gibt den Herstellern ausreichend Zeit, ihre Schutzrechte auf die neue europäische Ebene zu übertragen und sich anzupassen. Das HIGO-System, das die bestehenden Schutzmechanismen für Agrarprodukte ergänzt, wird es den Produzenten ermöglichen, sich sowohl innerhalb der EU als auch international wirksam gegen die unrechtmäßige Nutzung ihrer Bezeichnungen zur Wehr zu setzen.
Quellen
law360.com
Geographical indications for craft and industrial products
EU opens registration for craft and industrial product names - European Commission
EU Launches GI Scheme for Craft, Industrial Products - Mirage News
EU Launches IP Protections For Regional Crafts - Law360
EU Geographical Indication scheme for craft and industry takes effect - Eunews
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