Stabilitätsobjekte um Sagittarius A*: Neue VLT-Daten stellen Theorie der Gezeitenzerstörung in Frage

Bearbeitet von: Uliana S.

Beobachtungen zeigen, dass mehrere staubige Objekte, darunter ein Doppelsternsystem, stabile Umlaufbahnen in der Nähe von Sagittarius A* beibehalten.

Eine aktuelle Veröffentlichung Ende 2025 im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ hat die Ergebnisse von Beobachtungen der supermassereichen Schwarzen Lochs Sagittarius A* (Sgr A*) im Zentrum unserer Milchstraße präsentiert. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Florian Peißker von der Universität zu Köln konnte nachweisen, dass eine Reihe sogenannter „Staubobjekte“, die Sgr A* umkreisen, eine unerwartete Bahntreue zeigen. Dieses Phänomen steht im direkten Widerspruch zu etablierten theoretischen Modellen.

Dieses Bild zeigt die Lage des kürzlich entdeckten Doppelsternsystems D9, das sich um Sagittarius A* dreht, das supermassive Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie.

Diese bahnbrechenden Erkenntnisse wurden mithilfe des neuen Instruments ERIS (Enhanced Resolution Imager and Spectrograph) am Very Large Telescope (VLT) in Chile gewonnen, welches von der Europäischen Südsternwarte (ESO) betrieben wird. Die gewonnenen Daten stellen frühere Annahmen infrage, wonach diese Himmelskörper aufgrund der immensen Gezeitenkräfte – dem sogenannten „Spaghettifizierungseffekt“ – unweigerlich zerstört werden müssten. Im Fokus der Untersuchung standen dabei die Objekte G2, das Doppelsternsystem D9 sowie die Entitäten X3 und X7, deren Zerreißung eigentlich unmittelbar bevorstehen sollte.

Insbesondere das Objekt G2, das man bislang lediglich als eine einfache Wolke aus Gas und Staub auf Kollisionskurs einschätzte, folgt laut den ERIS-Messungen einer stabilen Umlaufbahn. Dies lässt die Forscher vermuten, dass sich im Inneren des Objekts ein Stern verbirgt. Darüber hinaus hat das Doppelsternsystem D9, das von Peißkers Team erstmals im Jahr 2024 als das erste bestätigte System in solch geringer Distanz zu Sgr A* identifiziert wurde, seine strukturelle Integrität trotz der extremen gravitativen Belastung beibehalten. Auch Objekt X7, das aufgrund historischer Beobachtungen stark gestreckt war und dessen spiralförmiges Hineingleiten in das Schwarze Loch für etwa 2036 prognostiziert wurde, zeigt nun eine bemerkenswert beständige Bewegung.

Diese empirischen Beobachtungen stellen die astrophysikalischen Vorhersagen bezüglich der Gezeitenzerstörung in der unmittelbaren Umgebung von supermassereichen Schwarzen Löchern fundamental infrage. Die Stabilität des Systems D9 impliziert dabei, dass entweder die lokalen Gezeitenkräfte unterschätzt wurden oder die Objekte selbst über innere Mechanismen verfügen, die dem extremen gravitativen Scherkräften entgegenwirken können. Dr. Peißker bemerkte, dass die vorliegenden Daten darauf hindeuten, dass Sagittarius A* weniger zerstörerisch agiert, als man bisher angenommen hatte, und dass im galaktischen Zentrum durchaus eine gewisse Ordnung und Beständigkeit existieren kann.

Das ERIS-Instrument, das Strahlung im nahen Infrarotbereich erfasst, gehört zur neuen Generation von Technologien für das VLT, welches auf dem Paranal-Observatorium in Chile angesiedelt ist. Es hat ältere Instrumente wie NACO und SINFONI abgelöst. Parallel dazu lieferten andere Studien, die 2022 Daten des Event Horizon Telescope (EHT) nutzten, erstmals ein Abbild des Akkretionsrings um Sgr A*. Zukünftige Untersuchungen werden voraussichtlich Daten des im Bau befindlichen Extremely Large Telescope (ELT) der ESO einbeziehen, um diese faszinierenden Phänomene weiter aufzuklären und die Theorien zu verfeinern.

Quellen

  • ERR

  • Lifeboat Foundation

  • UCLA Division of Physical Sciences

  • YouTube

  • WION

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