Umstrittener Wehrpflicht-Entwurf in Deutschland verabschiedet: Jugend protestiert
Bearbeitet von: Tatyana Hurynovich
Am 5. Dezember 2025 hat der Deutsche Bundestag, die untere Kammer des Parlaments, einen kontroversen Gesetzentwurf zur Reform der Wehrpflicht auf den Weg gebracht. Die Initiative ging auf den Verteidigungsminister Boris Pistorius zurück und wurde mit einer Mehrheit von 323 Ja-Stimmen bei 272 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Ziel dieser weitreichenden Reform ist es, den akuten Personalmangel in der Bundeswehr zu beheben. Aktuell zählt die Truppe rund 184.000 aktive Soldaten. Bis 2035 sollen die Verpflichtungen gegenüber der NATO erfüllt werden, was eine Truppenstärke von 260.000 Soldaten und mindestens 200.000 Reservisten vorsieht.
Die neu konzipierte, duale Struktur sieht vor, dass ab Juli 2027 alle männlichen Bürger, die nach dem 1. Januar 2008 geboren wurden, bei Erreichen des 18. Lebensjahres zur medizinischen Musterung einberufen werden. Jährlich wären somit etwa 300.000 junge Männer von dieser Maßnahme betroffen. Bereits ab 2026 sind alle 18-jährigen Männer verpflichtet, einen Fragebogen zur Dienstbereitschaft auszufüllen. Frauen haben die Möglichkeit, dies freiwillig zu tun. Verteidigungsminister Pistorius bezeichnete das Gesetz als einen „entscheidenden Schritt“ zur Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit.
Ein zentrales Element des Gesetzes ist ein Aktivierungsmechanismus für eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dieser kann durch einen separaten Beschluss des Bundestages ausgelöst werden, möglicherweise mittels eines Losverfahrens, falls die freiwilligen Rekrutierungsziele nicht erreicht werden. Obwohl der eigentliche Wehrdienst weiterhin auf Freiwilligkeit basiert, stieß diese Klausel auf breiten Widerstand in der Bevölkerung. Viele sehen darin eine schleichende Rückkehr zur Wehrpflicht, was zu erheblichen Bedenken führt.
Die Verabschiedung am Freitag, dem 5. Dezember 2025, löste umgehend Proteste aus. Rund 3.000 Menschen, vorwiegend Studierende, demonstrierten in Berlin. Unterstützt von der Initiative „Schulstreik gegen Wehrpflicht“ fanden zeitgleich Kundgebungen in 90 deutschen Städten statt. Die Demonstranten äußerten tiefe Sorge, dass junge Menschen ungerechtfertigt in militärische Konflikte entsandt werden könnten. Dieser Schritt erfolgt vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen; Generalinspekteur Carsten Breuer hatte zuvor die Möglichkeit einer russischen Aggression gegen NATO-Staaten innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre thematisiert, was den Reformdruck zusätzlich erhöht.
Die allgemeine Wehrpflicht war in Deutschland zuletzt 2011 ausgesetzt worden. Nun reagiert das Land, ähnlich wie Frankreich und Italien, auf den andauernden Krieg Russlands gegen die Ukraine und den Druck durch das Bündnis. Um die Attraktivität des freiwilligen Dienstes zu steigern, planen die Verantwortlichen eine Erhöhung der monatlichen Vergütung auf 2.600 Euro. Das Gesetz soll nach der Zustimmung des Bundesrates, der zweiten Kammer, voraussichtlich am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Für die Modernisierung der Bundeswehr sind erhebliche finanzielle Mittel vorgesehen. Allein für Aufträge im Rahmen der Aufrüstung sind rund 2,9 Milliarden US-Dollar veranschlagt, wobei der Großteil dieser Aufträge an heimische deutsche Unternehmen gehen soll. Diese Investitionen unterstreichen die Ernsthaftigkeit der Bemühungen, die Truppe zukunftsfähig aufzustellen.
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Quellen
Al Jazeera Online
Anadolu Ajansı
Reuters
The Washington Post
The Guardian
Qatar News Agency
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