EU-Kommission forciert Rentenreform: Neue Regeln für die zweite Säule im Rahmen der Kapitalmarktunion
Bearbeitet von: Tatyana Гуринович
Am 20. November 2025 hat die Europäische Kommission weitreichende Gesetzesvorschläge zur grundlegenden Neugestaltung der betrieblichen und privaten Altersvorsorgesysteme verabschiedet. Diese Initiative bildet das Herzstück der umfassenderen Strategie für eine Kapitalmarkt- und Investitionsunion (SIU), die Anfang 2025 ins Leben gerufen wurde. Das übergeordnete Ziel dieser tiefgreifenden Reformen ist es, erhebliche Kapitalreserven, die derzeit von Pensionsfonds gehalten werden, freizusetzen, um die europäische Wirtschaft zu finanzieren und gleichzeitig die langfristige Rendite der Ersparnisse der Bürger zu steigern.
Das schiere Ausmaß des potenziellen Einflusses dieser Maßnahmen wird durch die verwalteten Vermögenswerte der Pensionsfonds in der gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verdeutlicht, die auf rund 4,9 Billionen US-Dollar geschätzt werden. Das Reformpaket erstreckt sich über den gesamten EWR und konzentriert sich primär auf die Überarbeitung der Richtlinie über Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung und der Beruflichen Altersversorgung (IORP II) sowie der Verordnung über das Europäische Vorsorgeprodukt für Altersvorsorge (PEPP). Die zentralen Akteure in diesem komplexen Prozess sind die Europäische Kommission selbst, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA), das Europäische Parlament sowie der Rat der Europäischen Union.
Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass diese Schritte neue Finanzierungsquellen erschließen und die langfristigen Erträge für die Bürger verbessern werden. Ein wesentlicher Aspekt ist die Adressierung der Notwendigkeit, Altersvorsorgeinvestitionen über die bestehenden regulatorischen Schranken hinaus zu diversifizieren. Der Kontext dieser Reformen ist eng mit der SIU-Strategie verknüpft, welche darauf abzielt, den Binnenmarkt für Waren zu ergänzen und den Fokus von der bankbasierten Finanzierung hin zu langfristigen Marktfinanzierungen zu verschieben – ein Modell, das stark an den Vereinigten Staaten orientiert ist. Beobachter heben hervor, dass in Europa eine tief verwurzelte Neigung besteht, Ersparnisse „zu Hause“ zu halten, was durch regulatorische Hürden zusätzlich verstärkt wird.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Präzisierung des sogenannten „Grundsatzes der vernünftigen Geschäftstätigkeit“ (prudent person principle). Dies soll Anreize für langfristigere und potenziell risikoreichere Engagements in Eigenkapital schaffen. Geplante Anpassungen der PEPP-Verordnung, insbesondere der Wechsel von starren Ausgabenobergrenzen hin zu einem „Preis-Leistungs-Verhältnis“ (value-for-money) Ansatz, sollen die Akzeptanz dieses Vorsorgeprodukts bei den Bürgern erhöhen. Das Europäische Vorsorgeprodukt für Altersvorsorge (PEPP) wurde zwar bereits 2019 eingeführt, seine Anwendung begann jedoch erst im März 2022.
Parallel dazu gibt es Berichte, dass die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten dazu anhalten möchte, Rentenreformen durchzuführen. Sollten die Empfehlungen ignoriert werden, droht ein Entzug des Zugangs zu Haushaltsmitteln in Höhe von 2 Billionen Euro für den Zeitraum 2028 bis 2034. Diese Maßnahme stößt auf politischen Widerstand, da die Rentenpolitik formal nicht direkt in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission fällt. Dieser Skeptizismus wird durch Daten aus dem Jahr 2023 untermauert: Acht von zehn Rentnern in der EU waren ausschließlich auf die staatliche Rente angewiesen, und jeder fünfte über 65-Jährige war von Armut bedroht, was 18,5 Millionen Menschen entspricht. Obwohl die EU-Kommission den Renteneintrittsalter nicht vorschreiben wird, verfolgt sie das klare Ziel, umfassende private Sparsysteme nach amerikanischem Vorbild zu etablieren.
Quellen
Borsa italiana
Commission proposes to boost supplementary pensions to help ensure adequate retirement income
Pension package: Commission wants to make EU pension product more attractive for providers - Table.Briefings
Europe's Investment Drive Puts $4.9 Trillion of Pension Fund Assets in the Spotlight
EU Push for Stronger Pensions to Secure Retirement | Mirage News
PensionsEurope Press Release ECA report 2025
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