Im Jahr 2025 durchlebt die Region Ostafrika eine tiefgreifende und beunruhigende Phase, die von einer deutlichen Abkehr von demokratischen Prinzipien und einer Zunahme autoritärer Regierungsformen geprägt ist. Diese Entwicklung führt unweigerlich zu einer wachsenden sozioökonomischen Instabilität. Während Inselstaaten wie Mauritius und die Seychellen weiterhin als relative Anker der Stabilität gelten, sieht sich das ostafrikanische Festland mit fundamentalen Herausforderungen konfrontiert, die das gesellschaftliche Fundament erschüttern. Dieser Wandel in der Regierungsführung zwingt die Bevölkerung dazu, interne Mechanismen zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung zu finden, da externe Orientierungspunkte zunehmend versagen.
In Tansania sind die Hoffnungen, die mit dem Amtsantritt von Präsidentin Samia Suluhu Hassan nach dem Tod von John Magufuli verbunden waren, weitgehend enttäuscht worden. Statt einer Öffnung ist eine Verfestigung der Kontrolle zu beobachten. Die Lockerungen für oppositionelle Versammlungen wurden zurückgenommen, und die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Berichten zufolge wurden seit 2021 über 500 Anhänger der Opposition festgenommen. Parallel dazu bleibt die Lage in Uganda unter der unnachgiebigen Führung von Yoweri Museveni angespannt, dessen Herrschaft auf Patronage statt auf Rechenschaftspflicht basiert. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentierte allein im Jahr 2024 74 Fälle von Inhaftierungen und Folterungen oppositioneller Politiker. Dieser repressive Staatsapparat hat einen direkten wirtschaftlichen Preis: Die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Uganda sanken zwischen 2020 und 2024 um 15%, was die Feststellung der Weltbank untermauert, dass ein Zusammenhang zwischen strikter staatlicher Kontrolle und Kapitalflucht besteht.
Auch Kenia erlebt einen demokratischen Rückschritt, der sich in der harten Reaktion auf die Jugendproteste manifestierte. Diese Demonstrationen wurden durch die hohen Lebenshaltungskosten und die Folgen des Finanzgesetzes 2024 ausgelöst. Im Zuge dieser Ereignisse wurden Fälle von Überwachung und Entführung von Aktivisten gemeldet. Die einstigen Hoffnungen auf eine Demokratisierung in Äthiopien unter Premierminister Abiy Ahmed sind angesichts innerer Konflikte verblasst, die seit 2020 eine massive Migrationskrise ausgelöst haben: Über eine Million Flüchtlinge suchten Zuflucht in Kenia und im Sudan. Diese Entwicklungen verdeutlichen auf schmerzhafte Weise die untrennbare Verbindung zwischen politischer Stabilität und humanitärer Sicherheit.
Analysten wie Kim Heller warnen davor, dass, sollte sich die aktuelle Entwicklung fortsetzen, die derzeitigen Machthaber in die Geschichte eingehen werden als „rücksichtslose Diktatoren repressiver Regime“ und nicht als Architekten eines freien Kontinents. Das Varieties of Democracy Institute (V-Dem) prognostiziert, dass bis zum Jahr 2030 über 70% der Jugendlichen Ostafrikas unter autokratischen Systemen leben könnten. Dabei stuft V-Dem Kenia bereits als eine „Grauzone“ ein, die kurz vor dem Übergang zur Autokratie steht. Der tansanische Oppositionsführer Tundu Lissu fasste die Situation im September 2025 prägnant zusammen: „Der Raum für abweichende Meinungen schrumpft von Tag zu Tag.“
Angesichts dieser Krise stellt sich drängend die Frage nach der Rolle regionaler Organisationen. Wie können Institutionen wie die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC), die 1967 gegründet und im Jahr 2000 wiederbelebt wurde, und die Afrikanische Union (AU) den Übergang vom Prinzip der „Nichteinmischung“ zu wirksamen Maßnahmen gegen staatliche Unterdrückung vollziehen? Eine notwendige Maßnahme wäre die Wiederherstellung der Zuständigkeit des Ostafrikanischen Gerichtshofs für Fragen der Wahlen und Menschenrechte. In einer Zeit, in der die regionalen Institutionen Trägheit zeigen, liegt die Hoffnung auf einer Neugestaltung der Zukunft der Region in der Widerstandsfähigkeit und dem Engagement der Jugend, die sich für mehr Rechenschaftspflicht und eine harmonischere Regierungsführung einsetzt. Nur so lässt sich eine weitere Verschlechterung der Lage verhindern.
