Lettisches Parlament stimmt für Austritt aus Istanbul-Konvention: Ein beispielloser Präzedenzfall in der EU

Bearbeitet von: S Света

30 октября 2025 года hat das Parlament Lettlands beschlossen, aus der Istanbul-Konvention auszutreten.

Am 30. Oktober 2025 traf das lettische Parlament, die Saeima, eine weitreichende Entscheidung: Es stimmte für die Kündigung der Istanbul-Konvention, jenes internationalen Abkommens, das die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zum Ziel hat. Dieser Entschluss, der noch der abschließenden Unterzeichnung durch Präsident Edgars Rinkēvičs bedarf, markiert einen beispiellosen Vorgang: Es ist das erste Mal, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union einen solchen Austritt initiiert und damit einen neuen Präzedenzfall in der europäischen Rechtsprechung schafft. Die Abstimmung selbst spiegelte eine tiefe Spaltung wider: 56 Abgeordnete votierten für den Ausstieg, 32 stimmten dagegen, während sich zwei Parlamentarier der Stimme enthielten.

Das Parlament Lettlands hat über den Austritt aus der Istanbul-Konvention abgestimmt.

Die Entscheidung ist Ausdruck eines tiefgreifenden innenpolitischen Streits über gesellschaftliche Werte und die adäquaten Schutzmechanismen. Obwohl die Konvention erst im Mai 2024 für Lettland in Kraft trat, nachdem sie im November 2023 ratifiziert worden war, hatte sie bereits positive Impulse gesetzt, etwa bei der Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und der Einführung eines Straftatbestands für sexuelle Belästigung. Dennoch argumentierten die Befürworter der Kündigung, darunter die Abgeordnete Ramona Petraviča von der Partei „Lettland an erster Stelle“, die Bestimmungen des Abkommens würden eine fremde „Gender-Ideologie“ aufzwingen, da sie Geschlecht als soziales Konstrukt definierten. Sie betonten, dass die bestehende nationale Gesetzgebung zur Gewährleistung des Schutzes vollkommen ausreiche.

Dieser politische Schachzug vollzog sich vor dem Hintergrund erheblicher öffentlicher Spannungen. Bereits am Vortag, dem 29. Oktober, demonstrierten rund 5000 Bürger in den Straßen Rigas gegen die Aufkündigung des internationalen Vertrags. Premierministerin Evika Siliņa hatte sich zuvor öffentlich für den Verbleib in der Konvention ausgesprochen und warnte eindringlich vor einem „vernichtenden Schlag“ für das internationale Ansehen des Landes. Auch Andris Suvajevs, der Vorsitzende der Fraktion der Progressiven Parteien, äußerte Bedenken hinsichtlich einer möglichen Isolation Lettlands. Bemerkenswert ist, dass die „Union der Grünen und Bauern“ den Austritt unterstützte und damit die Koalitionsdisziplin brach.

Die Debatten in der Saeima waren äußerst angespannt und zogen sich über mehr als 13 Stunden hinweg, wobei Themen wie externe Informationskampagnen und Verschwörungstheorien zur Sprache kamen. Auch europäische Partner, darunter Diplomaten aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, äußerten ihre Besorgnis über die Entwicklung. Mit diesem Schritt riskiert Lettland, sich zu dem einzigen anderen Land zu gesellen, das das Abkommen offiziell gekündigt hat: der Türkei, die 2021 austrat. Der Historiker Gatis Krūmiņš, der an den Protesten teilnahm, merkte an, dass dieser Rückzug Zweifel an der Verlässlichkeit Lettlands als internationaler Partner wecken könnte. Frauenrechtsorganisationen wie das Zentrum für Frauen „Marta“ und das WAVE Network warnen davor, dass die Ablehnung der Konvention die erzielten Fortschritte beim Schutz von Frauenrechten zunichtemachen und Opfern die dringend benötigte Unterstützung entziehen könnte.

Quellen

  • Deutsche Welle

  • LSM.LV

  • WAVE Network

  • PBS News

  • Baltic Disinformation Weekly

  • BB.LV

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