Chip «Mikrowellenhirn»
Cornell-Chip verarbeitet Daten mittels Mikrowellenphysik mit geringem Energiebedarf
Bearbeitet von: Tetiana Pin
Forschende der Cornell University haben einen Silizium-Mikrochip entwickelt, der als erstes seiner Art Daten- und drahtlose Kommunikationssignale mithilfe der Physik von Mikrowellen verarbeitet. Das Gerät, intern als „Mikrowellen-Gehirn“ bezeichnet, stellt das erste vollständig integrierte neuronale Netzwerk dar, das direkt auf einem Silizium-Chip realisiert wurde. Die detaillierte Beschreibung dieser technologischen Entwicklung erschien am 14. August 2025 in der Fachzeitschrift Nature Electronics.
Der Chip ist konzipiert für Frequenzbereichsberechnungen in Echtzeit, was Anwendungen wie die Dekodierung von Funksignalen, die Zielverfolgung mittels Radar und die digitale Datenverarbeitung einschließt. Ein wesentliches Merkmal dieser Architektur ist der extrem niedrige Energieverbrauch, der konsistent unter 200 Milliwatt liegt, was dem Verbrauch eines Smartphone-Senders entspricht. Die funktionale Grundlage bildet ein neuronales Netzwerk, das auf der Nutzung miteinander verbundener Moden in abstimmbaren Wellenleitern beruht. Diese Methode umgeht konventionelle digitale Verarbeitungsschritte, indem sie die analogen und nichtlinearen Eigenschaften im Mikrowellenbereich nutzt, wodurch Datenströme im Bereich von zehn Gigahertz gehandhabt werden können.
Im Vergleich zu traditionellen digitalen Systemen, die bei zunehmender Komplexität mehr Schaltungsaufwand und Energie für die Fehlerkorrektur benötigen, erreicht dieses physikbasierte probabilistische Verfahren eine hohe Genauigkeit ohne diesen zusätzlichen Overhead. Bei Klassifizierungsaufgaben für drahtlose Signale demonstrierte der Chip eine Zuverlässigkeit von 88 Prozent oder mehr. Die Entwicklung dieses Prototyps erfolgte durch Forscher der Cornell University, unterstützt durch die NanoScale Science and Technology Facility der Universität sowie durch teilweise Finanzierung der National Science Foundation im Rahmen eines umfassenderen Projekts der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA).
Die Fähigkeit des Chips, sich programmierbar über ein breites Frequenzband zu verzerren, erlaubt die Neukonfiguration für verschiedene Berechnungsaufgaben und stellt damit eine Abkehr von fest verdrahteten digitalen Logiken dar. Die Relevanz dieser Entwicklung zeigt sich im globalen Bedarf an schnelleren und energieeffizienteren Rechenlösungen, insbesondere für Edge-Computing-Anwendungen. Da standardisierte CMOS-Herstellungsverfahren genutzt werden können, sehen die Entwickler einen gangbaren Weg zur kommerziellen Skalierbarkeit. Alyssa Apsel, Direktorin der School of Electrical and Computer Engineering in Cornell, äußerte die Hoffnung, dass eine weitere Reduktion des Stromverbrauchs eine breite Implementierung in Endgeräten wie Mobiltelefonen ermöglichen könnte, um native KI-Modelle direkt auf dem Gerät zu betreiben. Die Forscher, darunter der Hauptautor Bal Govind und Maxwell Anderson, sehen in dieser Technologie einen fundamentalen Paradigmenwechsel hin zu Computerarchitekturen der nächsten Generation.
Die extreme Sensitivität des Chips gegenüber Eingangssignalen prädestiniert ihn zudem für Anwendungen in der Hardwaresicherheit, beispielsweise zur Erkennung von Anomalien über mehrere Mikrowellenfrequenzbänder hinweg. Die Forschungsgruppe arbeitet aktiv daran, die Genauigkeit zu steigern und die Integration in bestehende digitale und Mikrowellen-Verarbeitungsplattformen zu optimieren, um die Lücke zwischen experimenteller Innovation und industrieller Anwendung zu schließen.
Quellen
www.nationalgeographic.com.es
Cornell Chronicle
ScienceDaily
Tom's Hardware
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