Bei Bauarbeiten im Wiener Bezirk Simmering im Oktober 2024 stießen Arbeiter auf ein Massengrab mit den Überresten von über 150 Individuen, die als römische Soldaten identifiziert wurden. Archäologen des Wien Museums wurden umgehend zur Untersuchung des Fundortes gerufen. Die freigelegten Skelette, überwiegend männlich und im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, zeigten deutliche Spuren gewaltsamer Tode durch Schwerter, Speere, Dolche und Pfeilspitzen, was auf ein brutales Kampfgeschehen hindeutet.
Die hastige und unorganisierte Bestattung deutet auf eine Notsituation hin, in der übliche römische Bestattungsriten nicht eingehalten werden konnten. Radiokarbondatierungen ordnen die Todesfälle zwischen 80 und 130 n. Chr. ein. Gefundene Artefakte wie ein römischer Dolch, Teile einer Panzerung und Nägel von Caligae (römische Militärschuhe) untermauern die Annahme, dass es sich um römische Soldaten handelt. Diese Entdeckung liefert die erste physische Bestätigung für eine Schlacht dieser Größenordnung in der Region und wirft ein neues Licht auf die frühe Geschichte Wiens, das damals als römisches Militärlager Vindobona bekannt war.
Die Lage an der Donaugrenze des Römischen Reiches, dem Limes, war strategisch bedeutsam und Schauplatz wiederholter Konflikte mit germanischen Stämmen. Es wird vermutet, dass die bestatteten Soldaten in einer solchen Auseinandersetzung gefallen sind, möglicherweise im Zuge der sogenannten Donaukriege, die das Römische Reich Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. mit verschiedenen germanischen Stämmen führte. Diese Schlacht könnte sogar eine Rolle bei der späteren Gründung und dem Ausbau des Legionslagers Vindobona gespielt haben, das zum Kern der heutigen Wiener Innenstadt wurde.
Die Provinz Noricum ripense, zu der diese Region gehörte, war ein wichtiger Teil der römischen Grenzsicherung. Die archäologischen Funde aus Simmering sind von unschätzbarem Wert, da sie Einblicke in die militärische Präsenz Roms und die Dynamik der Grenzgebiete gewähren. Sie zeigen, dass die Region um das heutige Wien nicht nur ein strategischer Stützpunkt war, sondern auch ein Ort blutiger Auseinandersetzungen, die die Entwicklung des Römischen Reiches und seiner Provinzen maßgeblich beeinflussten. Die Untersuchung der Skelette könnte durch DNA-Analysen weitere Details über die Herkunft und das Leben dieser Soldaten offenbaren und somit unser Verständnis der römischen Militärgeschichte in Mitteleuropa vertiefen.