In Lecce, Italien, wurden bei archäologischen Ausgrabungen, die im Juni 2025 begannen, bedeutende Funde gemacht, die die frühmittelalterliche Geschichte der Stadt beleuchten. Die entdeckten Strukturen deuten auf ein Verteidigungssystem hin, das das römische Amphitheater in ein byzantinisches Kastron – eine Festung mit politischen Funktionen – umgewandelt haben könnte.
Das römische Amphitheater von Lecce, einst Schauplatz von Gladiatorenkämpfen, verlor seine ursprüngliche Funktion nach dem Verbot der Gladiatorspiele durch Kaiser Honorius im Jahr 404 n. Chr.. Im frühen Mittelalter wurden solche monumentalen Bauwerke häufig in neue Verteidigungsanlagen integriert, was eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit und Wiederverwendung römischer Architektur in einer Zeit des politischen und militärischen Umbruchs im 5. bis 6. Jahrhundert n. Chr. widerspiegelt. So wurde beispielsweise das Amphitheater in El Djem bereits im 6. Jahrhundert als Teil einer Stadtfestung genutzt.
Nahe der Nordseite des Amphitheaters wurden Mauern freigelegt, die auf eine Befestigung hindeuten und in zwei Bauphasen errichtet wurden. Eine 3,70 Meter breite und über 2 Meter hohe Mauer, errichtet in der „a sacco“-Technik, wurde entdeckt. Diese Technik, bei der ein Füllmaterial aus Stein- und Erdfragmenten zwischen zwei Verblendungen verwendet wird und die für ihre Robustheit und Langlebigkeit bekannt ist, ermöglichte den Bau massiver und stabiler Strukturen. Die Verblendungen bestanden aus wiederverwendeten Materialien des demontierten Amphitheaters und nahegelegener Monumente. Diese Befestigungsanlage wird auf das 5. bis 6. Jahrhundert n. Chr. datiert und zeugt von der Notwendigkeit, sich in einer instabilen Periode zu schützen.
Die Funde bieten eine neue Perspektive auf die Transformation Lecces im frühen Mittelalter und unterstreichen die Fähigkeit antiker Strukturen, in neuen Kontexten wiederbelebt zu werden. Die byzantinische Periode in Süditalien, oft im Schatten anderer Epochen, wird durch solche Entdeckungen aufgewertet und beleuchtet die Anpassungsfähigkeit der Region an veränderte Umstände sowie die Integration des historischen Erbes in die Verteidigungsstrategien der Zeit. Die Entdeckung eines solchen Kastrons, das auf den Fundamenten eines römischen Amphitheaters errichtet wurde, ist ein eindrucksvolles Zeugnis für die Kontinuität und den Wandel im Laufe der Jahrhunderte und bereichert das Verständnis der komplexen Geschichte Süditaliens.