Paris – Frankreich hat einen neuen Premierminister: Präsident Emmanuel Macron ernannte am 9. September 2025 Sébastien Lecornu, den bisherigen Verteidigungsminister, zum Nachfolger von François Bayrou. Die Regierung Bayrou war am Vortag nach dem Verlust einer Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung gestürzt worden.
Lecornu, 39 Jahre alt und ein enger Vertrauter Macrons, gehört zu den jüngsten Regierungschefs in der Geschichte der Fünften Republik. Seine politische Karriere umfasst Stationen als Minister für die Überseegebiete und seit 2022 als Verteidigungsminister. Er verfügt über einen Master-Abschluss in öffentlichem Recht und war zuvor als Berater tätig.
Eine der vordringlichsten Aufgaben für Lecornu wird die Ausarbeitung des Staatshaushalts für 2026 sein. Die bisherige Regierung hatte ein Budget mit einem Umfang von 44 Milliarden Euro vorgesehen, das nun überarbeitet werden muss. Die Vorlage des Haushalts bei der Nationalversammlung ist für den 7. Oktober angesetzt, nach Konsultationen mit dem Hohen Rat für öffentliche Finanzen und dem Staatsrat.
Darüber hinaus steht Lecornu vor der Herausforderung, die anhaltende Agrarkrise zu bewältigen. Das kürzlich verabschiedete Duplomb-Gesetz, das die Verwendung von Pestiziden neu regelt und eine Petition mit über 2,1 Millionen Unterschriften hervorgerufen hat, wird bald in der Nationalversammlung debattiert. Im Energiebereich muss Lecornu das mehrjährige Energieprogramm vorantreiben, das auf die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 abzielt. Dieses Programm beinhaltet eine signifikante Wiederbelebung der Kernkraft sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. Kritiker, insbesondere aus dem Rassemblement National, äußern jedoch Bedenken hinsichtlich möglicher steigender Strompreise für die Bürger.
Die politische Landschaft Frankreichs ist angespannt. Landesweite Proteste, die sich gegen die Sparpläne der Regierung richten, haben bereits begonnen und zu Festnahmen geführt. Die Ernennung Lecornus wird von der Opposition, darunter linke Gruppierungen und die Rechtsnationalen, kritisch gesehen. Marine Le Pen bezeichnete die Ernennung als Macrons „letzte Kugel“, während die Grünen-Vorsitzende Marine Tondelier sie als „Provokation“ einstufte. Lecornu hat eine neue Herangehensweise angekündigt und will „grundlegende Brüche“ mit der Politik seines Vorgängers vollziehen, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Er betonte die Notwendigkeit, die Kluft zwischen der politischen Realität und den Erwartungen der Bürger zu überbrücken und kündigte an, mit Demut an die Arbeit zu gehen.
Präsident Macron setzt mit dieser Personalentscheidung auf einen seiner engsten Vertrauten, um die politische Stabilität zu festigen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Lecornu die notwendigen Kompromisse im zersplitterten Parlament aushandeln und die dringend benötigten Reformen umsetzen kann.