In einer historischen Entscheidung für die Church of England wurde Sarah Mullally zur ersten weiblichen Erzbischöfin von Canterbury ernannt. Diese wegweisende Ernennung, die am 3. Oktober 2025 bekannt gegeben wurde, markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der 1.400-jährigen Geschichte der Kirche und platziert Mullally an der Spitze der globalen anglikanischen Gemeinschaft mit rund 85 Millionen Mitgliedern weltweit. König Karl III. genehmigte Mullallys Nominierung. Sie wird vor Weihnachten vom Kollegium der Kanoniker der Kathedrale von Canterbury offiziell gewählt. Ihre Wahl wird im Januar 2026 in der St. Paul's Cathedral bestätigt. Ihre Amtseinführung ist für März 2026 angesetzt und folgt auf den Rücktritt von Justin Welby im Januar 2025. Welbys Amtszeit endete im Schatten von Vorwürfen bezüglich seines Umgangs mit Kindesmissbrauchsfällen, insbesondere im Zusammenhang mit John Smyth, bei dem eine unabhängige Überprüfung ergab, dass die Kirche bereits 2013 von den Missbrauchstaten wusste, aber nicht angemessen handelte.
Mullally, 63 Jahre alt, bringt eine bemerkenswerte Karriere mit, die von ihrer Tätigkeit als Krankenschwester und Chief Nursing Officer für England reicht. Im Alter von 37 Jahren wurde sie die jüngste Chief Nursing Officer Englands. Seit 2018 ist sie Bischöfin von London. Ihre Ernennung wird als Zeichen für eine fortschrittlichere Ausrichtung der Kirche gesehen, insbesondere angesichts ihrer bekannten progressiven Ansichten zu sozialen Themen wie der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Ihre Führungsqualitäten, die sie sowohl im Gesundheitswesen als auch in ihrer kirchlichen Laufbahn unter Beweis gestellt hat, werden als entscheidend für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen der Kirche angesehen.
Die Church of England, die etwa 20 Millionen getaufte Mitglieder zählt, wobei die Zahl der regelmäßigen Gottesdienstbesucher im Jahr 2022 auf weniger als eine Million geschätzt wird, steht vor einer Reihe von drängenden Fragen, darunter die Notwendigkeit von Reformen im Umgang mit Missbrauchsfällen, die Bewältigung sinkender Mitgliederzahlen und die Überbrückung theologischer Gräben innerhalb der weltweiten anglikanischen Gemeinschaft. Die Ernennung einer Frau an die Spitze der Kirche könnte insbesondere in konservativeren Regionen der anglikanischen Welt, wie in Nigeria, Kenia und Uganda, auf Widerstand stoßen, während sie von anderen als Schritt in Richtung Geschlechtergleichheit begrüßt wird. Mullallys Hintergrund im Gesundheitswesen, wo sie sich auf Menschen und deren Wohlbefinden konzentrierte, wird als wertvolle Grundlage für ihre neue Rolle betrachtet.
Sie hat bereits ihre Bereitschaft bekundet, sich den Herausforderungen zu stellen, und betont ihre Verpflichtung, Gott und den Mitmenschen zu dienen. Premierminister Keir Starmer begrüßte die Ernennung. Die Geschichte des Erzbischofsamtes von Canterbury reicht bis ins Jahr 597 zurück, als der heilige Augustinus von Canterbury von Papst Gregor dem Großen nach England gesandt wurde, um die Angelsachsen zu bekehren. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich das Amt zu einer zentralen Säule des religiösen und nationalen Lebens entwickelt. Seitdem hatten 105 Personen das Amt inne, und Mullally wird die 106. Erzbischöfin sein. Die Ernennung von Sarah Mullally ist nicht nur ein Meilenstein für die Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der Kirche, sondern auch ein Indikator für die sich wandelnde Gesellschaft und die fortlaufende Anpassung religiöser Institutionen an moderne Werte und Erwartungen. Ihre Amtszeit wird zweifellos von der Notwendigkeit geprägt sein, Vertrauen wiederherzustellen und die Kirche durch eine Zeit des Wandels und der Reflexion zu führen.