Die Präsentation des Films „Голубая луна“ (Blue Moon) durch Ethan Hawke und Regisseur Richard Linklater auf der 75. Berlinale (Berliner Internationalen Filmfestspiele) lieferte Anlass für eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Wandel kreativer Epochen. Der Film konzentriert sich auf einen entscheidenden Wendepunkt im Leben des herausragenden Komponisten Lorenz Hart. Er rekonstruiert die Atmosphäre des Premierenabends des Musicals „Oklahoma!“ im Jahr 1943. Dieses Ereignis markierte den Beginn der Zusammenarbeit von Harts ehemaligem Partner, Richard Rodgers, mit Oscar Hammerstein II. Diese neue Partnerschaft revolutionierte das Genre des Musicals und läutete das „Goldene Zeitalter“ des Broadway-Theaters ein.
Hawke, der Hart auf der Leinwand verkörpert, nutzte die Bühne der Berlinale, um seine Sicht auf die aktuellen Entwicklungen in der Filmindustrie darzulegen. Er übte offene Kritik an der Vorherrschaft des kommerziellen Nutzens. Er argumentierte, dass dieser Ansatz zur Entstehung von mittelmäßigem Inhalt führe, der die Tiefe der Wahrnehmung des Zuschauers missachte. Darüber hinaus verurteilte der Schauspieler scharf die Praxis, Darsteller ausschließlich aufgrund ihrer Popularität in sozialen Netzwerken auszuwählen, und bezeichnete diese Vorgehensweise als „Wahnsinn“.
Der eigentliche Film, inszeniert von Robert Kaplow, bietet eine intime Untersuchung menschlicher Verletzlichkeit und der Natur der Freundschaft. Die Handlung entfaltet sich während einer einzigen Nacht in der New Yorker Bar „Sardi“ nach dem triumphalen Erfolg von „Oklahoma!“. Dieses Werk Linklaters, der für seine meisterhafte Erforschung des Verlaufs der Zeit bekannt ist, bietet eine ergreifende Reflexion über die Flüchtigkeit des Erfolgs und die kreative Rivalität. Die Produktion, in der Andrew Scott die Rolle des Rodgers brillant darstellte, erntete hohes Kritikerlob: Scott wurde bei der Berlinale mit dem „Silbernen Bären“ für die beste männliche Nebenrolle ausgezeichnet.
Obwohl die ursprüngliche „Before...“-Trilogie abgeschlossen ist, deutete Hawke die Möglichkeit einer Fortsetzung unter dem Arbeitstitel „After“ an. Er betonte, dass jede neue Zusammenarbeit mit Linklater und Julie Delpy auf einer echten kreativen Allianz basieren müsse. Dieses Streben nach Authentizität in der Partnerschaft spiegelt das zentrale Thema des Films wider: die Erkenntnis, dass der wahre Wert der Kunst oft nicht im lauten Erfolg liegt, sondern in der Tiefe der Erfahrungen, die sie hervorrufen kann. Die Geschichte Harts, der nur wenige Monate nach der Premiere von „Oklahoma!“ verstarb, dient als eindringliche Mahnung, dass äußere Anerkennung nicht immer mit dem inneren Zustand des Künstlers übereinstimmt.