Überraschende Flora-Erholung am Kakhovka-Stausee trotz anhaltender Umweltrisiken

Bearbeitet von: An_goldy Anulyazolotko

Die katastrophale Zerstörung des Staudamms des Kachowka-Wasserkraftwerks am 6. Juni 2023 führte zur Freisetzung von schätzungsweise 18 Milliarden Kubikmetern Wasser. Dieses Ereignis, von der UWEC-Arbeitsgruppe als die größte Umweltkatastrophe in Europa seit Tschernobyl eingestuft, löste zunächst massive Befürchtungen aus. Man sprach von einer tickenden „toxischen Zeitbombe“, da Schwermetalle in das Dnipro-Delta gelangten. Die weitreichenden Folgen betrafen über 40 Gebiete des Naturreservatsystems.

Dennoch zeigen Luftaufnahmen aus dem Jahr 2025 eine bemerkenswerte ökologische Regeneration. Die einst ausgedehnten Schlickflächen haben sich in eine Landschaft verwandelt, die an eine natürliche Aue erinnert. Der Ökologe Wadym Manjuk bezeichnete dieses Phänomen als weltweit einzigartig. Er hob hervor, dass die Natur erstaunlich schnell den Zustand wiedererlangt, der vor dem Bau des Stausees in den 1950er Jahren herrschte. Dieses rasche Pflanzenwachstum auf dem trockengefallenen Seeboden ist darauf zurückzuführen, dass unmittelbar nach dem Rückzug des Wassers keimfähige Samen schnell wachsender Pflanzen synchron auskeimten.

Schätzungen zufolge sind bis zu 40 Milliarden Baumsamen aufgegangen. Dies birgt das Potenzial, den größten Auwald der ukrainischen Steppenzone auf einer Fläche von über 1000 Quadratkilometern zu bilden. Erstmals seit sieben Jahrzehnten beginnen Fragmente des historischen Naturkomplexes „Welykyj Luh“ – bestehend aus Auenwäldern, Sümpfen und Wiesen – sich wieder zu etablieren. Am freigelegten Grund wurden bereits Weiden und Pappeln gesichtet; nach nur einem Jahr erreichen einige dieser Bäume bereits Höhen von zwei bis drei Metern. Parallel zur Flora kehrt auch die Fauna zurück: Im flachen Wasser des Dnipro wurde der Stör gesichtet, der diese Region über 70 Jahre lang gemieden hatte. Zudem dringen Wildschweine, Rehe und Hasen wieder in die Steppengebiete vor.

Trotz dieser positiven Entwicklungen bleiben ernsthafte Bedenken hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen auf die Nahrungsketten bestehen. Dies liegt an den Ablagerungen am Seeboden, die erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen aufweisen. In einigen Bereichen wurden Bleikonzentrationen gemessen, die 6,45-fach, und Cadmiumwerte, die 4,28-fach über dem Normalwert lagen. Der Ökologe Pawlo Olejnik weist jedoch darauf hin, dass Weiden als sogenannte Phytoextraktoren fungieren. Sie nehmen diese toxischen Elemente auf, was zur natürlichen Sanierung des Bodens beiträgt.

Parallel zu diesen ökologischen Prozessen bleibt die humanitäre Lage in den durch die Infrastrukturschäden betroffenen Regionen angespannt. Die Wasserversorgung in Gebieten wie Pokrow ist kritisch gestört, obwohl der stellvertretende Leiter des Büros des Präsidenten, Olexij Kuleba, bereits am 2. Juli 2023 eine schrittweise Wiederaufnahme der zentralen Wasserversorgung angekündigt hatte. Die bestehenden Wasserversorgungssysteme in den betroffenen Gebieten, einschließlich der Region Cherson, weisen aufgrund von Beschädigungen Wasserverluste von bis zu 60 Prozent auf.

Während intensive Diskussionen über die Zukunft des ehemaligen Stauseegebiets geführt werden – von einem Wiederaufbau des Wasserkraftwerks (was mindestens fünf Jahre dauern und über eine Milliarde Euro kosten könnte) bis hin zur Förderung der natürlichen Auenregeneration – betonen Umweltschützer wie Jewhen Simonow die Notwendigkeit, das wiedererstandene Ökosystem zu priorisieren und zu schützen.

Quellen

  • SRF News

  • Länderprogramm Ukraine 2025 - 2028

  • Ukraine-Krieg: Die toxischen Langzeitfolgen des Kachowka-Dammbruchs - DER SPIEGEL

  • Staudamm in der Ukraine Nach Kachowka-Sprengung: Die Menschen leiden - SRF

  • Wasser im Krieg: Welche langfristigen Umweltfolgen die Zerstörung des Kachovka-Staudamms in der Ukraine hat - idw - Informationsdienst Wissenschaft

  • Oleksandra Shumilova - Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

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