Wissenschaftler haben eine bedeutende Entdeckung unter den Eisdecken der Antarktis gemacht: 332 bisher unbekannte submarine Canyons wurden kartiert. Diese Zahl stellt eine Fünffachung der zuvor bekannten Formationen dar. Einige dieser gewaltigen unterseeischen Täler erreichen Tiefen von über 4.000 Metern und spielen eine entscheidende Rolle für die Ozeanzirkulation sowie den globalen Meeresspiegelanstieg.
Die neu kartierten Canyon-Systeme, deren Erstellung auf hochauflösenden bathymetrischen Daten von über 40 internationalen Expeditionen basiert, fungieren als wichtige Korridore für den Transport von Sedimenten und Nährstoffen vom Kontinentalschelf in tiefere Meeresregionen. In der Antarktis leiten diese tiefen Täler kaltes, dichtes Wasser von den Eisschelfen in die Tiefsee, was für die globale Klimaregulation von Bedeutung ist. Gleichzeitig können sie jedoch auch wärmere Wassermassen in Richtung der Eisschelfe lenken.
Dieser Prozess ist eine Hauptursache für das Basalschmelzen und die Ausdünnung der schwimmenden Eisschelfe, die für die Stabilität der antarktischen Gletscher unerlässlich sind. Eine Schwächung oder ein Kollaps dieser Eisschelfe führt dazu, dass kontinentales Eis schneller ins Meer fließt und somit direkt zum Anstieg des globalen Meeresspiegels beiträgt. Die Studie, geleitet von Forschern der Universität Barcelona und des University College Cork, identifizierte signifikante Unterschiede zwischen den Canyon-Systemen in Ost- und Westantarktika.
Die östlichen Canyons zeigen sich komplexer und verzweigter, was auf eine längere Entstehungsgeschichte und stabilere Eisschilde hindeutet. Im Gegensatz dazu sind die westantarktischen Canyons kürzer und steiler, was auf jüngere und episodischere glaziale Aktivitäten schließen lässt. Diese Unterschiede sind entscheidend für das Verständnis der Eisflussgeschichte und die Verbesserung von Klimamodellen, die die Reaktion des Eises auf wärmere Temperaturen vorhersagen.
Die Entdeckung dieser 332 Canyons erweitert unser Verständnis der antarktischen Geologie und ihrer Auswirkungen auf das globale Klima erheblich. Angesichts der Tatsache, dass bisher nur etwa 27% des Meeresbodens der Erde hochauflösend kartiert sind, ist anzunehmen, dass die tatsächliche Anzahl der Canyons weltweit noch höher ist. Die Einbeziehung dieser neu identifizierten Merkmale in Klimamodelle ist unerlässlich, um Vorhersagen für den Meeresspiegelanstieg und die zukünftige Klimaentwicklung zu verfeinern, da frühere Modelle die Geschwindigkeit, mit der warmes Wasser die Eisschelfe erreicht und schmilzt, unterschätzten.