Viele alltägliche Aberglauben, wie der Glaube, dass eine schwarze Katze, die den Weg kreuzt, Unglück bringt, oder dass man nicht drinnen pfeifen soll, um keinen Geldmangel zu erleiden, haben tiefe historische Wurzeln und spiegeln spezifische Weltanschauungen unserer Vorfahren wider. Trotz wissenschaftlicher Fortschritte behalten viele dieser Überzeugungen ihre Relevanz.
Der Aberglaube, dass eine schwarze Katze, die einem den Weg kreuzt, Unglück bringt, hat seinen Ursprung im alten Ägypten, wo Katzen als verehrte Tiere galten und mit der Göttin Bastet assoziiert wurden. Im Mittelalter änderte sich die Einstellung, und Katzen wurden mit Hexerei und Dämonen in Verbindung gebracht. Im Jahr 1233 veröffentlichte Papst Gregor IX. eine Bulle, die Dämonen als „halb Mensch, halb Katze“ beschrieb, was zur Massenverfolgung von Katzen führte. Dies trug vermutlich zur Ausbreitung der Pest bei, da die von Krankheiten befallenen Katzen nicht mehr kontrolliert wurden. Somit hat der Glaube an schwarze Katzen als Unglücksboten eine historische Grundlage. Interessanterweise wird in vielen Kulturen, wie in Schottland, Japan und Teilen Großbritanniens, die schwarze Katze als Glücksbringer angesehen, der Wohlstand und Glück in der Liebe bringt.
Das Sprichwort „Wer drinnen pfeift, hat kein Geld mehr“ hängt mit dem Glauben zusammen, dass das Pfeifen in Innenräumen böse Geister oder Dämonen anlockt. In der slawischen Tradition glaubte man, dass das Pfeifen im Haus einen Hausgeist oder böse Geister anziehen könnte. Im 16. Jahrhundert trugen Christen und Kaufleute Silbermünzen im Mund, um sie unterwegs nicht zu verlieren. Durch Pfeifen konnten sie eine Münze fallen lassen, weshalb Kaufleute warnten: „Nicht pfeifen, sonst hast du kein Geld.“ Mit der Zeit wurde dieser Satz zu einem Sprichwort, das eine negative Einstellung zum Pfeifen widerspiegelt. In einigen Kulturen, wie in Estland und Lettland, soll das Pfeifen in Innenräumen Unglück bringen und sogar einen Hausbrand verursachen.
Der Glaube, dass der Ruf des Kuckucks die Zukunft vorhersagt, ist in Europa und Asien weit verbreitet. Die Slawen assoziierten diesen Vogel mit der Göttin Schiwa, der Schutzpatronin des Frühlings und der Fruchtbarkeit. Man glaubte, dass die Anzahl der Kuckucksrufe die verbleibenden Jahre bis zur Heirat oder zum Tod vorhersagen könnte. Moderne Forschungen deuten darauf hin, dass die Biodiversität von Regionen, einschließlich der Anwesenheit von Kuckucken, mit der Fortsetzung des menschlichen Lebens verbunden sein könnte, was diesem Aberglauben eine ökologische Grundlage verleiht. In Irland beispielsweise galt das Hören des Kuckucks mit dem rechten Ohr als Glück, während das Hören mit dem linken Ohr Unglück ankündigte.
In der slawischen Kultur galt ein leeres Gefäß als unglückverheißendes Symbol, ein Vorbote von Armut und Tod. Im Frankreich des 19. Jahrhunderts galt die Anzahl leerer Teetassen auf einem Tisch als Zeichen von Extravaganz. Als die russische Armee 1814 in Paris einmarschierte, begannen Soldaten und Kosaken, leere Tassen unter den Tischen zu verstecken, um weniger zu bezahlen. Dies könnte zur Gewohnheit geführt haben, leere Tassen zu entfernen, die sich im Laufe der Zeit in einen Aberglauben verwandelte. Die Schwelle symbolisierte in der slawischen Kultur die Grenze zwischen den Welten – dem häuslichen und dem jenseitigen. Man glaubte, dass das Überreichen von Gegenständen über die Schwelle hinweg die Geister der Verstorbenen stören und Unglück bringen könnte, was tief verwurzelte Glaubenssätze über Leben und Tod sowie den Respekt vor den Ahnen widerspiegelt.
Die Slawen glaubten, dass ein Kobold auf der linken Schulter und ein Schutzengel auf der rechten saßen. Gute Worte hörte der Kobold und versuchte, sie zu verderben. Lautes Klopfen und Pfeifen sollte ihn vertreiben. Die Zahl drei stammt aus der christlichen Tradition und symbolisiert Gott Vater, Gott Sohn und den Heiligen Geist. Dieses Ritual besteht bis heute: Es reicht, etwas Gutes zu sagen, und wir fügen unwillkürlich „tsif-tsif-tsif“ für das Glück hinzu.
Die Wurzeln des Aberglaubens sind in grundlegenden Aspekten des menschlichen Bewusstseins verwoben, insbesondere in der Art und Weise, wie wir Risiken einschätzen und managen. Unser Gehirn sucht unbewusst nach Ursache-Wirkungs-Beziehungen, auch dort, wo keine existieren. Dies war eine gewinnbringende Strategie in der Vergangenheit, bei der es besser war, einen Fehler zu machen und eine unwahre Hypothese zu konstruieren, als ohne nachzudenken zu handeln und fatale Konsequenzen zu erleiden. Heute kann dieser Mechanismus die genaue Einschätzung von Situationen und fundierte Entscheidungen behindern; er ist auch die Grundlage vieler kognitiver Verzerrungen, wie z. B. „Bestätigungsfehler“ und „Übergeneralisierung“. Trotz Fortschritten in Wissenschaft und Technologie beeinflussen Aberglauben weiterhin das menschliche Verhalten. Sie können eine Quelle des Selbstvertrauens sein und helfen, Unsicherheit zu bewältigen. Es ist jedoch wichtig, ihre Ursprünge und ihren Einfluss zu verstehen, um fundierte Entscheidungen im Alltag treffen zu können.