Laurent Saint-Cyr hat am 7. August 2025 die Präsidentschaft des Übergangspräsidialrates von Haiti übernommen. Dies markiert das erste Mal, dass der Privatsektor die Exekutivgewalt innehat. Die Machtübernahme findet vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Sicherheitskrise statt, die von Bandenaktivitäten, Gewalt und Entführungen geprägt ist. Die mächtige Gang-Föderation Viv Ansanm, angeführt von Jimmy Chérizier, bekannt als „Barbecue“, hat gedroht, die Regierung zu stürzen. Diesem Aufruf folgten gewaltsame Auseinandersetzungen in Port-au-Prince, die zu einem zivilen Todesopfer führten. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Mission, die kenianische Polizeikräfte umfasst, hat ihre Patrouillen verstärkt und die Infrastruktur gesichert, doch die Konfrontationen mit den Banden dauern an. Insbesondere in Kenscoff wurden gepanzerte Fahrzeuge zerstört und Polizisten verletzt.
Die anhaltende Gewalt hat verheerende humanitäre Folgen. Seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Jahr 2021 sind über 1,3 Millionen Menschen vertrieben worden. Allein zwischen Januar und Juni 2025 wurden über 3.100 Menschen getötet und 336 entführt. Die Kontrolle der Hauptstadt durch die Banden wird auf bis zu 90 % geschätzt. Ein besonders erschütternder Vorfall ereignete sich am 3. August 2025, als acht Personen, darunter die irische Missionarin Gena Heraty und ein dreijähriges Kind, aus dem Sainte-Hélène-Waisenhaus in Kenscoff entführt wurden. Die Organisation Nos Petits Frères et Sœurs, die das Waisenhaus betreibt, hat als Protest gegen den Angriff ihre haitianischen Einrichtungen geschlossen. Die US-Botschaft in Haiti und das Bureau of Western Hemisphere Affairs haben vor Bestechungsversuchen gewarnt, die darauf abzielen, das Land zu destabilisieren. Sie lobten den Übergangspräsidialrat für seine Ablehnung von Korruption und seine Zusammenarbeit mit dem Premierminister zur Stabilisierung des Landes.