Die industrielle Landschaft Europas erlebte im Jahr 2025 tiefgreifende Veränderungen. Auslöser waren verschärfte Handelskonflikte und die darauf folgenden Gegenmaßnahmen Chinas, welche den Export strategisch wichtiger Mineralien betrafen. Diese Entwicklung drängte die EU-Mitgliedstaaten dazu, beschleunigt Wege zur Selbstversorgung zu finden, was fortan als zentraler Pfeiler strategischer Widerstandsfähigkeit galt. Im Bewusstsein dieser Anfälligkeit begann die europäische Industrie, ihre Lieferketten energisch neu auszurichten. Sie sah darin zugleich eine Chance zur Stärkung des Binnenwachstums und zur Erlangung technologischer Vorreiterrolle.
Im März 2025 stellte die Europäische Kommission die Einführung von 47 umfangreichen Vorhaben vor. Diese Projekte umfassen die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen in 13 Mitgliedstaaten der EU. Als integraler Bestandteil des Gesetzes über kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Act, CRMA) zielen diese Initiativen darauf ab, bis zum Jahr 2030 eine teilweise Unabhängigkeit bei 17 kritischen Materialien zu gewährleisten. Hierfür wurden präzise Zielvorgaben definiert: 10% der Rohstoffe sollen aus eigener Förderung stammen, 40% sollen innerhalb der EU verarbeitet werden und 25% müssen durch Wiederverwertung (sekundäre Nutzung) gewonnen werden. Zu den vordringlichsten Materialien zählen Lithium, Graphit, Kobalt, Gallium und Kupfer. Dieser weitreichende Ansatz erinnert an den REPowerEU-Plan und belegt das systematische Vorgehen zur Beseitigung kritischer Versorgungsengpässe.
Parallel zu den staatlichen Maßnahmen bewies die europäische Industrie ihre Innovationskraft bei der Bewältigung von Knappheitsproblemen. Unternehmen wie Valeo und Renault trieben gezielt Entwicklungen voran, die auf den Ersatz knapper Ressourcen abzielten. Konkret wurden von ihnen Elektromotoren entwickelt und in Prototypen eingebaut, die ohne Seltenerdmagnete auskommen, indem sie stattdessen Kupferspulen verwenden. Diese Technologie, deren Einführung in neue Fahrzeuggenerationen bis zum Ende des Jahrzehnts erwartet wird, mindert nicht nur geopolitische Risiken, sondern verspricht auch eine Steigerung der Effizienz. Der von Renault und Valeo entwickelte Motor E7A wird 30% kompakter sein und die CO2-Emissionen um 30% senken. Die Serienfertigung dieser Motoren ist für das Jahr 2027 im Renault-Werk in Cléon vorgesehen.
Auf internationaler Ebene kam es im Oktober 2025 zu einer Einigung zwischen den Vereinigten Staaten und China bezüglich Seltenerdmetallen und Zöllen. Dieses Abkommen, das zwischen Donald Trump und Xi Jinping ausgehandelt wurde, sah vor, dass Peking die Einführung zusätzlicher Exportbeschränkungen für Seltenerdmetalle, Gallium, Germanium, Antimon und Graphit zugunsten amerikanischer Abnehmer aussetzt. Im Gegenzug verlängerte Washington die Aussetzung bestimmter Zölle. Der US-Finanzminister Scott Bessent kommentierte, die Drohung Chinas, Mineralien als Druckmittel einzusetzen, sei ein „echter Fehler“ gewesen, da der Westen bereits Ausgleichsmaßnahmen entwickelt habe. Ungeachtet dieser Entspannungstendenzen müssen die europäischen Institutionen jedoch wachsam bleiben, da das geopolitische Kräftemessen andauert. Europas Erfolg bei der Erlangung der Rohstoff-Souveränität wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell Innovationen umgesetzt werden und ob es gelingt, tragfähige Partnerschaften mit anderen rohstoffreichen Regionen wie Kanada, Australien, Kasachstan, Usbekistan und der Ukraine aufzubauen.
