Die Erkenntnis, dass "Zeit Gehirn ist", unterstreicht die Dringlichkeit einer schnellen Behandlung nach einem Schlaganfall. Jeder Moment zählt, um Leben zu retten und bleibende neurologische Schäden wie Sprach- oder Bewegungsstörungen zu minimieren. Bei einem Schlaganfall wird die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen, was zum Absterben von Neuronen und Verbindungen führt. Pro Minute gehen dabei rund zwei Millionen Nervenzellen verloren.
Bisher fehlten Therapien zur Reparatur dieser Schäden, doch eine internationale Forschergruppe hat nun eine wegweisende Methode entwickelt: die Stammzelltransplantation. Wissenschaftler der Keck School of Medicine an der University of Southern California (USC) sowie der Universität Zürich (UZH) und der ETH Zürich haben mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) experimentiert. Diese im Labor gezüchteten Zellen werden aus adulten Zellen gewonnen und so umprogrammiert, dass sie Eigenschaften von embryonalen Stammzellen aufweisen.
In einer Studie, veröffentlicht in Nature Communications, beschreiben die Forscher, wie sie diese neuronalen Stammzellen generierten und in das geschädigte Hirngewebe von Mäusen nach einem permanenten Schlaganfall transplantierten. Fünf Wochen nach dem Eingriff zeigten die behandelten Mäuse eine signifikante Regeneration des betroffenen Hirngewebes. Ein Großteil der transplantierten Stammzellen entwickelte sich zu Neuronen und integrierte sich sogar in das bestehende neuronale Netzwerk. Die Mäuse zeigten zudem eine reduzierte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke und erzielten deutliche Verbesserungen in motorischen Tests, wie beim Gehen und Klettern.
Ischämische Schlaganfälle, verursacht durch eine verminderte Blutzufuhr, machen etwa neun von zehn Fällen aus. Die aktuelle Standardbehandlung zur Auflösung von Blutgerinnseln muss innerhalb von viereinhalb Stunden nach Symptombeginn erfolgen, was viele Patienten nicht erreichen. Die Stammzelltransplantation stellt eine der vielversprechendsten Forschungsrichtungen für neurologische Erkrankungen dar. Interessanterweise zeigte die Studie, dass die Transplantation von Stammzellen eine Woche nach einem Schlaganfall effektiver ist als eine sofortige Anwendung. Dies ist besonders relevant für die Behandlung chronischer, durch Schlaganfälle verursachter Behinderungen. Die zellbasierte Therapie könnte die Durchblutung verbessern und das Gewebe regenerieren, was den Genesungsprozess unterstützt.
In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei rund 200.000 davon erstmalige Ereignisse sind. Die Langzeitfolgen sind erheblich: Etwa 40 % der Überlebenden weisen bleibende Einschränkungen auf, und rund 35,6 % sind nach drei Monaten pflegebedürftig oder hilfsbedürftig. Die Forschung konzentriert sich nun darauf, die Aktivität identifizierter Signalwege zu optimieren und die Langzeiteffekte der transplantierten Zellen zu untersuchen.
Obwohl die Anwendung von Stammzellen zur Behandlung von Schlaganfällen beim Menschen noch in den Anfängen steckt, ist dieser Fortschritt ein entscheidender Schritt für präklinische Studien und bietet eine Grundlage für zukünftige klinische Versuche. Die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze, die auf der Regeneration von Hirngewebe durch Stammzellen basieren, ist von immenser Bedeutung, um die Lebensqualität von Schlaganfallpatienten nachhaltig zu verbessern.