Eine genetische Variante, die von den ausgestorbenen Denisovanern stammt, könnte frühen Siedlern Amerikas einen entscheidenden Überlebensvorteil verschafft haben. Diese Variante im MUC19-Gen, das für Schleimproteine wichtig ist, ist bei indigenen amerikanischen Bevölkerungsgruppen bemerkenswert verbreitet. Insbesondere trägt etwa jeder dritte Mensch mexikanischer Abstammung diese genetische Anpassung, vor allem in Genomregionen, die mit indigener amerikanischer Herkunft verbunden sind.
Die in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie zeigt, dass diese Denisovan-abgeleitete MUC19-Variante durch eine komplexe Verflechtung unserer evolutionären Geschichte über Neandertaler an moderne Menschen weitergegeben wurde. Dies ist der erste dokumentierte Fall, bei dem eine Denisovan-Genvariante über einen Neandertaler-Zwischenschritt in den modernen Menschen gelangte. Die Forscher vermuten, dass diese genetische Anpassung für die frühen Menschen, die neue Umgebungen in Amerika besiedelten, von Vorteil war, da sie ihnen geholfen haben könnte, effektivere Immunreaktionen gegen unbekannte Krankheitserreger zu entwickeln.
Die Untersuchung deutet auf eine positive natürliche Selektion hin, was bedeutet, dass das Gen einen Überlebens- oder Fortpflanzungsvorteil bot. Während die genaue Funktion dieses Denisovan-spezifischen MUC19-Merkmals noch Gegenstand weiterer Forschung ist, spekulieren die Forscher, dass es die Schleimproduktion modifiziert und möglicherweise die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitserreger erhöht oder die Schleimbarriere stärkt. Die Studie liefert Beweise dafür, dass dieses Genpaket innerhalb indigener amerikanischer Populationen positiv selektiert wurde, was auf eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit hinweist.
Die Forscher verglichen Genomdaten von 23 prähistorischen indigenen Amerikanern sowie von modernen Populationen aus Mexiko, Peru, Kolumbien und Puerto Rico mit den Genomsequenzen von drei Neandertalern und einem Denisovaner. Die Ergebnisse zeigten, dass die Denisovan-spezifische MUC19-Variante bei Mexikanern mit etwa 33 % am häufigsten vorkommt, gefolgt von Peruanern (ca. 20 %) und nur etwa 1 % der Kolumbianer und Puerto Ricaner. Diese Unterschiede spiegeln den unterschiedlichen Anteil indigener amerikanischer DNA in den Genomen wider.