Bewegung schärft das Gehör: Neue Studie enthüllt Zusammenhang zwischen Gehen und auditiver Wahrnehmung

Bearbeitet von: Maria Sagir

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, veröffentlicht im September 2025 im Journal of Neuroscience, zeigen, dass Gehen einen komplexen neuronalen Mechanismus aktiviert, der unser Hörvermögen beeinflusst. Die Studie, geleitet von Liyu Cao von der Zhejiang Universität und Barbara Händel von der Universität Würzburg, legt nahe, dass das Gehirn Geräusche anders verarbeitet, wenn wir uns bewegen, im Vergleich zum Stillstand.

Im Rahmen der Untersuchung wurde die Gehirnaktivität von 35 Teilnehmern mittels tragbarer EEGs aufgezeichnet, während diese verschiedene Aktionen ausführten: Stehen, Gehen am Platz und das Durchqueren eines Achterkurses. Die Teilnehmer hörten dabei kontinuierliche Töne. Die signifikanteste Entdeckung war, dass das Gehirn während des Gehens eine stärkere Synchronisation mit den Tönen aufwies, bekannt als Steady-State Auditory Response (SSAR). Diese Reaktion war beim Gehen deutlich intensiver als im Stehen oder Gehen am Platz, was darauf hindeutet, dass die räumliche Fortbewegung die auditorische Verarbeitung verbessert in den frühen Stadien der Großhirnrinde.

Diese Erkenntnisse korrespondieren mit der bekannten Abnahme von Alpha-Wellen im Gehirn während der Bewegung, die mit neuronaler Hemmung assoziiert sind. Eine reduzierte Alpha-Aktivität lockert die sensorische Verarbeitung. Die Studie bestätigte diese Beziehung: Je stärker die Alpha-Wellen beim Gehen abnahmen, desto stärker intensivierte sich die auditorische Reaktion (SSAR). Dieser Mechanismus der Enthemmung macht das Gehirn durchlässiger für Umweltinformationen während der Bewegung.

Die Forschung enthüllte zudem, dass das Gehen nicht nur die allgemeine Hörwahrnehmung verbessert, sondern auch die Aufmerksamkeit dynamisch verschiebt. Bei Kurvenfahrten priorisierte das Gehirn kurz vor dem Mittelpunkt der Kurve die Verarbeitung von Geräuschen von der Seite, zu der die Kurve führte. Nach dem Scheitelpunkt verlagerte sich die Aufmerksamkeit zur gegenüberliegenden Seite. Dies deutet auf einen hochentwickelten Mechanismus des "aktiven Fühlens" hin, bei dem das Gehirn seine sensorische Aufmerksamkeit vorausschauend anpasst, um die Navigation zu optimieren.

Die Studie zeigte auch, dass das Gehen das Hören nicht gleichmäßig verbessert, sondern gezielt Geräusche aus der Peripherie priorisiert. In einem zweiten Experiment, bei dem kurze Rauschimpulse kontinuierliche Töne unterbrachen, wurde festgestellt, dass die Veränderung der Hirnreaktion (SSAR) beim Gehen viel stärker war, wenn der Lärm von einer Seite kam, aber nicht, wenn er zentral war. Eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber peripheren Reizen stimmt mit Beobachtungen im visuellen Bereich überein, wo die periphere Sicht bei Bewegung entscheidend für die Interpretation von Geschwindigkeit und Richtung ist. Diese Studie legt nahe, dass das auditorische System ähnlich funktioniert und die Wahrnehmung unserer Umgebung verbessert, um Orientierung und räumliches Bewusstsein zu erleichtern.

Die Ergebnisse haben weitreichende Implikationen, beispielsweise für die Entwicklung von Navigationshilfen für Menschen mit Sehbehinderungen oder für Rehabilitationsstrategien bei Mobilitäts- und Gleichgewichtsstörungen. Die Erkenntnis, dass Bewegung die auditive Verarbeitung schärft, unterstreicht die ganzheitliche Verbindung zwischen Körper und Wahrnehmung und zeigt, wie jeder Schritt unser Gehirn neu kalibriert, um effektiver mit unserer Umgebung zu navigieren und zu interagieren.

Quellen

  • La Provincia

  • Walking Tunes the Brain to Sounds, Sharpens Auditory Awareness

  • Walking sharpens hearing by tuning the brain to sounds

  • Walking modulates active auditory sensing

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