Zeit im Gehirn kartieren: Neue Studie zur kognitiven Repräsentation

Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen sind sich einig: Das menschliche Gehirn, das im Durchschnitt 1.350 Gramm wiegt, ist das komplexeste Objekt, das im Universum bekannt ist. Dieses 'warme Porridge' aus Neuronen liefert uns ständig eine interne Darstellung der Außenwelt und navigiert sowohl im Raum als auch in der Zeit.

Seit der kognitiven Revolution in den späten 1950er Jahren wurden bedeutende Durchbrüche in Bezug auf die räumliche Wahrnehmung erzielt. 1948 schlug der Psychologe Edward Tolman die Existenz einer 'kognitiven Karte' im Hippocampus vor, einer Gehirnstruktur, die für Gedächtnis und Navigation entscheidend ist. Zu Beginn der 1970er Jahre identifizierte der Neurowissenschaftler John O'Keefe 'Ortszellen' im Hippocampus, die nur aktiv werden, wenn sich ein Tier an einem bestimmten Ort befindet, was auf eine mentale Repräsentation des Raumes hinweist.

Diese Entdeckungen brachten O'Keefe, zusammen mit den norwegischen Neurowissenschaftlern May-Britt und Edvard Moser, den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin im Jahr 2014 ein.

Die Verständnis des Zeit bleibt jedoch rätselhaft. Das Projekt 'Chronology', geleitet von den Forschern Virginie van Wassenhove (CEA), Brice Bathellier (CNRS), Srdjan Ostojic (ENS) und Mehrdad Jazayeri (MIT), zielt darauf ab zu erkunden, wie das Gehirn die Zeit repräsentiert. Mit 10 Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat finanziert, wird das Projekt nächstes Jahr beginnen und mehrere Jahre benötigen, um Ergebnisse zu liefern.

Die Forscher wollen herausfinden, ob das Gehirn eine kognitive Karte für die zeitliche Navigation verwendet, ähnlich der, die für die räumliche Navigation verwendet wird. Van Wassenhove erklärt: 'Wir wollen die Hypothese testen, dass das Gehirn eine kognitive Karte zur Darstellung dieser schwer fassbaren vierten Dimension konstruiert.'

Interessanterweise bestätigt die kognitive Psychologie, dass die räumliche Navigation auf visueller Wahrnehmung beruht, während das sensorische Äquivalent für unsere Zeitwahrnehmung unklar bleibt. Darüber hinaus besitzen Menschen die einzigartige Fähigkeit, 'durch die Zeit zu reisen' und zukünftige Szenarien zu entwerfen, im Gegensatz zu anderen bewussten Wesen.

Im Jahr 2021 veröffentlichte ein französisch-niederländisches Team Ergebnisse im 'Journal of Neuroscience', die 'Zeit-Zellen' im menschlichen Hippocampus offenbarten, die nacheinander aktiviert werden, um die Reihenfolge der Ereignisse zu kodieren. Dies deutet darauf hin, dass diese Neuronen selbst in Abwesenheit äußerer Reize den Zeitverlauf allein auf der Grundlage interner Erfahrungen darstellen können.

Wie Emily Dickinson schrieb, ist das Gehirn in der Tat 'größer als der Himmel'; trotz seiner Größe sind wir von seinem Verständnis noch weit entfernt.

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