Die bilateralen Beziehungen zwischen Indien und China haben in den letzten Jahren eine Reihe von Herausforderungen durchlebt, die ethische und diplomatische Fragen aufwerfen. Ein zentrales Thema ist die Frage der Nachfolge des Dalai Lama, des geistlichen Führers der Tibeter, der seit 1959 im Exil in Indien lebt. China betrachtet die Nachfolge des Dalai Lama als interne Angelegenheit und betont, dass die Entscheidung über die Reinkarnation des Dalai Lama von den chinesischen Behörden genehmigt werden muss. Diese Haltung steht im Widerspruch zur Auffassung vieler Tibeter und indischer Beamter, die der Meinung sind, dass nur der Dalai Lama oder seine Institution über die Nachfolge entscheiden können. Diese Differenzen haben zu Spannungen in den diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern geführt.
Ein weiteres ethisches Dilemma betrifft die geplanten Infrastrukturprojekte Chinas im Himalaya, insbesondere den Bau von Wasserkraftwerken am Yarlung Tsangpo-Fluss. Indien äußert Bedenken hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen solcher Projekte auf die Umwelt und die Wasserversorgung in der Region. Die Sorge, dass China die Kontrolle über den Fluss nutzen könnte, um die Wasserversorgung Indiens zu beeinflussen, hat zu diplomatischen Spannungen geführt. Diese Situation unterstreicht die Notwendigkeit einer ethischen Bewertung der ökologischen und sozialen Auswirkungen solcher Projekte und der Wahrung der Souveränität und des Völkerrechts.
Die Handelsbeziehungen zwischen Indien und China sind ebenfalls von ethischen Überlegungen geprägt. Indien hat in der Vergangenheit Bedenken hinsichtlich der Handelspraktiken Chinas geäußert, insbesondere in Bezug auf den Zugang zum chinesischen Markt und die Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen. Diese Bedenken betreffen die Wahrung der wirtschaftlichen Souveränität und die Förderung eines gerechten Handelsumfelds. Die Diskussionen über die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern werfen Fragen nach der Achtung der Souveränität und des Völkerrechts auf.
Die jüngsten diplomatischen Bemühungen beider Länder, einschließlich der Wiederaufnahme von Direktflügen und der Fortsetzung der Kailash Mansarovar Yatra, zeigen den Wunsch, die Beziehungen zu verbessern. Dennoch bleiben ethische Fragen bezüglich der Souveränität, der Umwelt und des fairen Handels bestehen. Eine sorgfältige Abwägung der Interessen und Werte beider Nationen ist erforderlich, um eine gerechte und nachhaltige Entwicklung der Beziehungen zu gewährleisten.