Forscher der University of Chicago haben ein biologisches Protein in einen funktionierenden Quantensensor verwandelt. Diese bahnbrechende Entwicklung, die im August 2025 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, überbrückt die Kluft zwischen der Quantenmechanik und der Biologie. Traditionell erfordern Quantensysteme extreme Bedingungen wie Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt und ein Vakuum, während lebende Zellen in einer warmen, dynamischen Umgebung gedeihen. Diese neue Methode ermöglicht es, Quanteneffekte direkt in lebenden Systemen zu beobachten.
Das Herzstück dieser Innovation ist die Schaffung eines „lebenden“ Quantenbits, oder Qubits, der fundamentalen Informationseinheit im Quantenreich. Anstatt eine komplexe Maschine zu konstruieren, die Leben nachahmt, haben die Wissenschaftler das Leben selbst dazu gebracht, Teil ihrer Technologie zu werden. Dieser Ansatz, der die natürlichen Quanteneigenschaften eines bereits in einem biologischen System vorhandenen Moleküls nutzt, deutet darauf hin, dass die Natur Quantenmechanik möglicherweise schon immer für biologische Funktionen verwendet hat. Die Umwandlung eines biologischen Proteins in ein Qubit legt nahe, dass seine Struktur bereits darauf ausgelegt ist, Quantenzustände aufrechtzuerhalten.
Die Vorteile dieses Ansatzes sind immens. Im Gegensatz zu künstlich geschaffenen Quantensensoren können diese Protein-Qubits direkt von Zellen produziert werden, indem das entsprechende Gen in eine Zelle eingeführt wird. Dies ermöglicht eine präzise Platzierung innerhalb eines lebenden Systems und die Erzeugung dieser hochsensiblen Sensoren in großer Zahl. Zukünftig könnten sich selbstorganisierende Quantennetzwerke in Organismen entwickeln, um Gewebe oder Organe von innen heraus zu überwachen.
Darüber hinaus versprechen diese biologischen Sensoren, Signale zu detektieren, die tausendmal stärker sind als die derzeitigen Technologien erfassen können. Dies eröffnet ein beispielloses Maß an Empfindlichkeit für die Beobachtung biologischer Prozesse. Eine der revolutionärsten Anwendungen ist die Vision einer „Quanten-Magnetresonanz im Nanomaßstab“. Dies würde es ermöglichen, die atomare Struktur zellulärer Maschinen, wie die Proteinfaltung, in Echtzeit zu verfolgen, während die Zelle lebt und funktioniert. Bisherige Beobachtungen erforderten das Töten und Fixieren von Zellen, was nur statische Bilder lieferte.
Mit dieser neuen Technologie könnten erste molekulare Krankheitsanzeichen, wie das initiale Fehlfalten eines Proteins, das Jahre später zu einem Tumor führen könnte, frühzeitig erkannt werden. Obwohl die Präzision dieser Protein-Sensoren noch nicht mit den besten Diamant-Sensoren mithalten kann, stellt ihre Fähigkeit, direkt in lebenden Systemen zu funktionieren, ein „wesentlich radikaleres“ Versprechen dar. Diese Entdeckung könnte die Definition medizinischer Diagnostik grundlegend verändern, indem sie die statistische Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Krankheit auf molekularer Ebene erfasst und Interventionen ermöglicht, bevor Symptome auftreten. Die Medizin könnte sich somit von der Behandlung hin zur präventiven molekularen Korrektur wandeln.