Die mikrobiellen Geheimnisse des Ozeans: Wie sauerstofffreie Zonen die Emissionen des starken Treibhausgases N₂O steuern

Bearbeitet von: Vera Mo

In den Tiefen der Ozeane vollzieht sich in sauerstofffreien Regionen ein biochemischer Prozess von entscheidender Bedeutung für das globale Klima. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Xin Sun von der University of Pennsylvania hat aufgezeigt, dass marine Mikroorganismen in diesen sogenannten anaeroben Zonen aktiv Nährstoffe in Distickstoffmonoxid (N₂O) umwandeln. Dieses Gas ist ein extrem wirksamer Klimatreiber, der etwa 300-mal mehr Wärme speichern kann als Kohlendioxid (CO₂). Darüber hinaus trägt N₂O zur Zerstörung der Ozonschicht bei.

Die Ergebnisse dieser sechswöchigen Beobachtungsstudie, die im Östlichen Tropischen Nordpazifik durchgeführt und 2025 in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, lenkten den wissenschaftlichen Fokus von rein chemischen Reaktionen hin zur Dynamik mikrobieller Gemeinschaften. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Erzeugung von N₂O primär durch die Konkurrenz zwischen verschiedenen Mikrobenpopulationen angetrieben wird und nicht nur durch chemische Faktoren. Schon geringfügige Schwankungen in der Verfügbarkeit von Sauerstoff oder Nährstoffen können demnach zu abrupten Anstiegen der Emissionen dieses Treibhausgases führen.

Um die Komplexität dieser Vorgänge zu veranschaulichen, zog Xin Sun den Vergleich mit zwei Arten von Imbissen heran. Der Weg der Nitratreduktion (Nitrate Reduction Pathway) gleicht einer vollwertigen Bäckerei, die bei reichlicher Verfügbarkeit von Nitraten besonders effizient arbeitet. Im Gegensatz dazu funktioniert der Weg der Nitritreduktion (Nitrite Reduction Pathway) wie ein Spezialgeschäft. Dessen Betrieb hängt davon ab, ob zufällig Nitrite – die im marinen Milieu seltener sind – vorbeischwimmen. Diese Analogie verdeutlicht die direkte Abhängigkeit der N₂O-Freisetzung von der Präsenz der Ausgangsstoffe.

Die Untersuchung enthüllte zudem, dass eine Erhöhung des Sauerstoffgehalts die N₂O-Produktion nicht einfach stoppt. Im Gegenteil: Eine Sauerstoffanreicherung bewirkt einen Wechsel der dominanten Mikrobenpopulationen, welche dann die Gasproduktion übernehmen. Wie Sun betonte, ändert Sauerstoff lediglich, wer „am Ruder steht“. Interessanterweise führte die Zugabe eines Überschusses an Nährstoffen fast zu einer vollständigen Unterdrückung der Gasfreisetzung, da die primären N₂O-produzierenden Mikroben verdrängt wurden. Dieser feingliedrige mikrobielle und ökologische Tanz ist der Schlüssel zur Regulierung der Emissionen.

Das Verständnis dieser komplexen Wechselwirkungen ist für die Entwicklung präziser Klimamodelle von größter Bedeutung. Distickstoffmonoxid, das bis zu 114 Jahre in der Atmosphäre verbleibt, zählt zu den drei wichtigsten anthropogenen Treibhausgasen. Seine Konzentration ist seit dem vorindustriellen Zeitalter bereits um 22% gestiegen. Die Ausweitung sauerstoffarmer Zonen im Ozean, verursacht durch das Zusammenspiel von Strömungen und Bakterien, bedroht nicht nur marine Ökosysteme. Sie mindert auch die Fähigkeit des Ozeans, CO₂ aufzunehmen, was die globale Erwärmung verschärft. Die Integration dieser mikrobiellen Dynamiken in die Modelle ermöglicht genauere Vorhersagen darüber, wie menschliches Handeln selbst die entlegensten Winkel unseres Planeten beeinflusst.

Quellen

  • Phys.org

  • Phys.org

  • Nature Communications

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