Eine künstlerische Rekonstruktion einer vergrößerten Planktonzelle. Auf dem Bild ist ein Biolumineszenz-Effekt zu sehen, der die innere Energie des ozeanischen Lebens symbolisiert. Quelle: EurekAlert / EMBL, 2025
Erweiterungsmikroskopie enthüllt die unsichtbare Welt des ozeanischen Planktons
Bearbeitet von: Inna Horoshkina One
Eine bahnbrechende Anwendung der sogenannten Erweiterungsmikroskopie (Expansion Microscopy) hat es Forschern ermöglicht, die innere Struktur lebenswichtiger Arten von ozeanischem Plankton erstmals detailliert zu untersuchen. Diese mikroskopisch kleinen Organismen sind die unsichtbaren Motoren des Lebens auf der Erde: Sie erzeugen einen wesentlichen Teil des Sauerstoffs, den wir atmen, und bilden die fundamentale Basis mariner Ökosysteme. Ihre zentrale Rolle für das globale Klima und die Nahrungskette ist unbestreitbar.
Zytoskelett des Meeresplanktons unter Expansion-Mikroskopie.
Wissenschaftler des Europäischen Molekularbiologischen Laboratoriums (EMBL) und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) nutzten diese spezielle Technik, um die Proben zu analysieren. Die Methode ist revolutionär, da sie die biologischen Proben physisch um das 16-fache vergrößert, ohne die strukturelle Integrität zu beeinträchtigen. Dadurch wurde die zuvor unzugängliche innere Architektur von Zellen mariner Protisten, wie beispielsweise *Ichthyosporea*, sichtbar gemacht.
Wie das Unsichtbare sichtbar wird
Die dichten Zellwände dieser Organismen stellten lange Zeit ein erhebliches Hindernis für die konventionelle mikroskopische Forschung dar. Durch die gemeinsame Anstrengung der Teams von EMBL und EPFL konnte dieser technische Engpass nun erfolgreich überwunden werden. Mithilfe der Erweiterungsmikroskopie verschob das Forscherteam buchstäblich die Grenzen der sichtbaren Welt, wobei die Präzision der Form und die Proportionen der feinen Zellstrukturen vollständig erhalten blieben.
Im Rahmen der umfassenden Expedition Traversing European Coastlines (TREC) führten die Wissenschaftler eine detaillierte Kartierung des Zytoskeletts durch. Untersucht wurden dabei wichtige Komponenten wie Mikrotubuli und Centrine. Diese Analyse erstreckte sich auf über 200 Arten von eukaryotischem Plankton, deren Proben gezielt vor der Küste von Roscoff in Frankreich gesammelt wurden.
Ein globaler Atlas des Lebens
Die bahnbrechenden Erkenntnisse, die kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift *Cell* veröffentlicht wurden, dienen als Fundament für die Erstellung eines globalen Plankton-Atlas. Das ambitionierte Ziel dieses Projekts ist es, die verborgene strukturelle Vielfalt der mikroskopischen Bewohner der Ozeane systematisch zu erfassen und zu offenbaren.
Von entscheidender Bedeutung war hierbei der Zugang zur umfangreichen Sammlung mariner Mikroorganismen, die an der Biologischen Station in Roscoff gelagert wird. Die neuen, hochauflösenden Visualisierungen ermöglichen nicht nur eine klare Darstellung der zellulären Organisation. Sie erlauben es Forschern darüber hinaus, komplexe evolutionäre Verbindungen nachzuzeichnen, die von den frühesten einzelligen Vorfahren bis hin zu den heutigen komplexen Lebensformen reichen.
Das Zytoskelett: Das Gerüst des Lebens
Die detaillierte Untersuchung des Zytoskeletts – jenes dynamischen Gerüstnetzwerks, das essenziell für die Stützung und Formgebung eukaryotischer Zellen ist – half dabei, die weitreichenden Variationen in seiner Organisation zu kartieren. Dies legte sowohl gemeinsame, konservierte als auch einzigartige strukturelle Muster offen. Eine derart tiefgehende Analyse vertieft unser Verständnis der fundamentalen Organisationsprinzipien des Lebens und ist unerlässlich für die Rekonstruktion der Evolution zellulärer Architektur.
PlanExM – Ein Projekt erweitert Horizonte
Diese wegweisende Arbeit ist integraler Bestandteil des Projekts PlanExM (Plankton Expansion Microscopy). Aufgrund des Erfolgs hat PlanExM bereits zusätzliche Finanzmittel erhalten. Diese Mittel sind für die weitere Erforschung der Evolution der Mitose und des kritischen Übergangs zur Mehrzelligkeit bei Planktonorganismen vorgesehen.
PlanExM demonstriert eindrucksvoll, dass die Erweiterungsmikroskopie das Potenzial hat, ein wissenschaftliches Instrument von vergleichbarer Tragweite wie große Projekte zur Genomik der Biodiversität zu werden. Es ermöglicht erstmals die effektive Verknüpfung molekularer Daten mit einer beispiellos detaillierten zellulärer Physiologie.
Das nun gewonnene, tiefere Verständnis dieser feinen Strukturen und ihrer komplexen Wechselwirkungen eröffnet der Evolutionsbiologie einen völlig neuen Horizont. Es zeigt sich, dass die biologische Komplexität ihren Ursprung in den kleinsten, in der ozeanischen Tiefe pulsierenden Lebensformen hat.
Bildnachweise: EMBL / EPFL / Scienmag / Cambridge University Press
Quellen
ScienceDaily
A new microscopy breakthrough is revealing the oceans’ invisible life
Expansion microscopy helps chart the planktonic universe
Expanding the biological world through microscopy
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