Wie Optimismus die Langlebigkeit beeinflusst: Wissenschaftliche Belege für die Kraft der positiven Einstellung

Bearbeitet von: Liliya Shabalina

Wenn wir das Wort Optimismus hören, denken wir oft an eine unbeschwerte Haltung oder die einfache Gewohnheit, „positiv zu denken“. Tatsächlich geht es dabei jedoch um weit mehr als nur eine Charaktereigenschaft. Die moderne Forschung belegt eindeutig: Optimismus ist ein entscheidender Faktor für Gesundheit und Langlebigkeit, dessen Einfluss mit dem von körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung vergleichbar ist.

Eine umfassende Untersuchung der Harvard School of Public Health (Kawachi & Kubzansky, veröffentlicht in JAMA Network Open, 2019) analysierte die Daten von über 70.000 Frauen und 1.500 Männern. Das Ergebnis überraschte selbst die beteiligten Wissenschaftler: Personen mit dem höchsten Grad an Optimismus lebten zwischen 11 und 15% länger. Zudem war ihr Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, um bemerkenswerte 38% geringer als bei den weniger optimistischen Probanden.

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kamen Forscher der Universität Illinois (Psychological Bulletin, 2012). Sie stellten fest, dass Optimisten ein um 30 bis 35% geringeres Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte aufwiesen. Eine positive Grundhaltung wirkt demnach wie ein Schutzschild für das Herz-Kreislauf-System.

Die Erklärung für diesen Zusammenhang liegt im Verhalten. Optimistische Menschen wählen häufiger Handlungen, die ihre Gesundheit fördern. Sie neigen dazu, sich regelmäßig körperlich zu betätigen, achten auf eine ausgewogene Ernährung und pflegen einen stabilen Schlaf. Darüber hinaus erholen sie sich schneller von Krankheiten und treffen zügiger Entscheidungen, die zu einem harmonischeren Leben führen.

Wer fest davon überzeugt ist, dass „alles gut wird“, wählt automatisch Verhaltensweisen, die diese Erwartung bestätigen – sei es die Pflege des Körpers, ausreichende Erholung oder die Suche nach sozialer Unterstützung. Auf diese Weise entsteht eine positive Kausalschleife, bei der die innere Einstellung buchstäblich den physischen Zustand formt und verbessert.

Die Forschung zur Verhaltensgenetik (Plomin et al., Behavior Genetics, 1992) zeigt, dass etwa 25 bis 35% des Optimismus auf angeborene Merkmale zurückzuführen sind. Dies bedeutet jedoch, dass die restlichen 65 bis 75% durch bewusste Anstrengung und Übung entwickelt werden können.

Optimismus ist somit kein reines Geschenk der Natur, sondern eine erlernbare Praxis – vergleichbar mit einem mentalen Training oder Sport für den Geist. Er entwickelt sich schrittweise, bis er zu einer tief verwurzelten inneren Gewohnheit wird.

Eine der effektivsten Methoden zur Kultivierung dieser Haltung ist die Technik des „Best Possible Self“ (Das bestmögliche Selbst), die von der Psychologin Laura King (Journal of Positive Psychology, 2001) vorgeschlagen wurde. Der Kerngedanke ist einfach:

Zunächst stellen Sie sich vor, wie Ihr Leben in fünf Jahren aussieht, wenn Sie die bestmögliche Version Ihrer selbst leben. Wo befinden Sie sich? Welchen Tätigkeiten gehen Sie nach? Welche Gefühle erleben Sie dabei?

Anschließend halten Sie diese Vision detailliert schriftlich fest – nicht als vagen Traum, sondern als konkretes inneres Drehbuch. Fügen Sie dabei unbedingt sensorische und emotionale Details hinzu. Wie fühlt es sich an, dieses Leben zu führen?

Lesen Sie diesen Text täglich über einen Zeitraum von einer Woche hinweg und stellen Sie sich dabei vor, dies sei bereits Ihre gelebte Realität.

Studien belegen, dass bereits 10 Minuten dieser täglichen Übung den Optimismus steigern, Ängste reduzieren und das Gefühl von Sinnhaftigkeit im Leben verstärken können.

Positives Denken funktioniert ähnlich wie der Zinseszinseffekt: Kleine, tägliche Entscheidungen summieren sich und schaffen einen immer stabileren inneren Zustand. Mit der Zeit reagiert der Körper darauf: Entzündungen gehen zurück, der Blutdruck normalisiert sich, und die Herz- und Gehirnfunktion verbessern sich messbar.

Jedes Lächeln, jede freundliche Geste, jeder Akt der Dankbarkeit ist wie eine kleine Einzahlung in Ihre „Lebenskapitalbank“. Dieses Kapital wächst stetig, solange es nicht durch Angst und Zweifel wieder abgehoben wird.

Anwendung im Alltag

  • Beginnen Sie den Morgen mit der Frage: „Was kann heute Gutes geschehen?“

  • Beenden Sie den Tag mit Dankbarkeit – selbst für kleine Erfolge.

  • Visualisieren Sie Ihr „bestes Selbst“ mindestens einmal pro Woche.

  • Umgeben Sie sich mit Menschen, die Sie unterstützen und inspirieren.

  • Und am wichtigsten: Nehmen Sie bewusst wahr, was in Ihrem Leben bereits funktioniert.

  • Optimismus ist keine naive oder blinde Hoffnung. Er ist vielmehr die reife Entscheidung, selbst in schwierigen Momenten Chancen zu erkennen und die Aufmerksamkeit gezielt dorthin zu lenken, wo Wachstum und Leben stattfinden.

    Wissenschaftler der PNAS (2019) bestätigten, dass Optimisten nicht nur länger leben, sondern auch eine höhere Lebensqualität genießen. Sie erleben häufiger Zufriedenheit, zeigen eine größere Stressresistenz und finden leichter innere Ruhe.

    Und vielleicht liegt genau darin der wahre Schlüssel zur Langlebigkeit: nicht nur dem Leben Jahre hinzuzufügen, sondern den Jahren mehr Leben zu schenken.

    Quellen

    • Inc.

    • Opto

    • National Heart, Lung, and Blood Institute

    • PubMed Central

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