Die mexikanische Pädagogin Estefanía Castañeda y Núñez de Cáceres (1872-1937) leistete einen bahnbrechenden Beitrag zur Etablierung einer progressiven frühkindlichen Bildung in Mexiko. Ihre Arbeit basierte auf der Philosophie, das Lernen durch spielerische Interaktion und die enge Verbindung zur Natur in den Vordergrund zu stellen. Castañeda, geboren am 8. Oktober 1872 in Ciudad Victoria, Tamaulipas, widmete ihr Leben der Einführung fortschrittlicher Lehrmethoden in Vorschuleinrichtungen des Landes.
Ihre fundierte Ausbildung erhielt Castañeda durch Studienaufenthalte an renommierten Institutionen wie dem Chicago Kindergarten College und der Columbia University in New York, wo sie moderne pädagogische Prinzipien verinnerlichte. Diese Kenntnisse setzte sie unmittelbar in die Praxis um. Bereits 1896 gründete sie mit Unterstützung des Gouverneurs von Tamaulipas, Guadalupe Mainero, die Escuela Modelo para Párvulos in Ciudad Victoria, die später als Kindergarten bekannt wurde und nach Friedrich Fröbels Prinzip des Lernens durch Spiel konzipiert war. Dieses erfolgreiche Modell expandierte sie rasch in weitere Städte wie Tampico (1897), Nuevo Laredo (1897), Matamoros (1898) und Tula.
Castañedas Methodik sah die kindliche Entwicklung als einen natürlichen Prozess, vergleichbar dem Wachstum einer Pflanze, der ohne Zwang und Druck erfolgen sollte, um körperliche, moralische und intellektuelle Fähigkeiten harmonisch zu fördern. Ihre wegweisende Initiative führte 1903 zur Eröffnung des ersten Kindergartens in Mexiko-Stadt, der Nummer 1 mit dem Namen Federico Fröebel. Sie verfasste zudem das erste Regelwerk für diese neuen Bildungseinrichtungen und schuf damit einen wichtigen nationalen Grundstein für die Vorschulerziehung.
Die Anerkennung ihrer Expertise durch staatliche Stellen manifestierte sich, als Justo Sierra sie 1921 zur Ehrenprofessorin für Grundschulbildung ernannte, nachdem er bereits 1902 ihr Fröbel-basiertes Konzept zur Umsetzung empfohlen hatte. Darüber hinaus war sie maßgeblich an der Gestaltung von Primarbildungsgesetzen beteiligt und legte 1909 einen Lehrplan für den Kindergarten-Kurs an der Escuela Normal de Maestras vor, was 1912 zur Ausbildung der ersten Generation von Normalistinnen in Mexiko-Stadt führte. Ihr Engagement für die soziale Verantwortung zeigte sich auch in der Gründung des Seminars für Kindergarten und Sozialarbeit im Jahr 1933, das die Ausbildung von Sozialarbeitern für ländliche Gebiete zum Ziel hatte.
Estefanía Castañeda, die am 22. Februar 1937 in Mexiko-Stadt verstarb, hinterließ ein tiefgreifendes Erbe. Ihre Überzeugung, dass das Kind das lebendige Buch der Natur sei und die kindzentrierte Bildung das innere Potenzial des Individuums als oberste Richtschnur nimmt, bildet bis heute die Grundlage für die bewusste Gestaltung der ersten Lernjahre.