Ein Forscherteam der University of Chicago hat einen bedeutenden Fortschritt an der Schnittstelle von Quantenphysik und Biologie erzielt. Die Wissenschaftler haben erfolgreich ein Protein, das Enhanced Yellow Fluorescent Protein (EYFP), das in lebenden Zellen vorkommt, in ein funktionsfähiges Quantenbit (Qubit) umgewandelt. Dieses neuartige Qubit zeigt Quanteneigenschaften unter Umgebungsbedingungen, was die für herkömmliche Quantensensoren erforderliche extreme Kühlung überflüssig macht.
Die Innovation ermöglicht die Integration von EYFP in lebende Zellen, wo es seine Quantencharakteristika auch unter physiologischen Bedingungen beibehält. Die Studie, die am 20. August 2025 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, beschreibt, wie EYFP als optisch adressierbares Spin-Qubit fungiert. Es kann initialisiert, mit Mikrowellen manipuliert und mittels Licht ausgelesen werden. Bemerkenswert ist, dass das Protein-Qubit seine quantenmechanischen Eigenschaften nicht nur in gereinigten Proben, sondern auch innerhalb lebender Säugetier- und Bakterienzellen (E. coli) bei Raumtemperatur beibehielt.
Diese Fähigkeit, in der komplexen und dynamischen Umgebung einer Zelle zu operieren, umgeht die Notwendigkeit extremer Kühlung für bestimmte Quantenanwendungen. Professor David Awschalom, ein leitender Co-Investigator und Professor für Molekulartechnik an der UChicago PME, betonte die Bedeutung interdisziplinärer Forschung und erklärte: „Wir treten in eine Ära ein, in der die Grenze zwischen Quantenphysik und Biologie zu verschwimmen beginnt. Hier wird echte transformative Wissenschaft stattfinden.“
Die Arbeit ebnet den Weg für die Entwicklung genetisch kodierbarer Quantensensoren, die für die Nanosensorik und Bildgebung in biologischen Systemen eingesetzt werden können. Die Protein-Qubits zeigten messbare Spin-Kohärenzzeiten von etwa 16 Mikrosekunden und konnten durch Licht und Mikrowellen manipuliert und ausgelesen werden, was beweist, dass das Quantenverhalten die raue Umgebung einer Zelle überstehen kann. Die potenziellen Anwendungen dieser Technologie sind weitreichend und könnten die Detektion von Krankheiten revolutionieren und die Echtzeitüberwachung biologischer Prozesse ermöglichen.
Peter Maurer, ein weiterer leitender Co-Investigator und Assistenzprofessor für Molekulartechnik an der UChicago PME, hob hervor: „Unsere Ergebnisse ermöglichen nicht nur neue Wege für die Quantensensorik in lebenden Systemen, sondern führen auch einen radikal anderen Ansatz für das Design von Quantenmaterialien ein.“ Obwohl die Empfindlichkeit dieser Protein-Qubits derzeit noch hinter etablierten Festkörper-Sensoren zurückbleibt und Herausforderungen wie Photobleaching bestehen, stellt dieser Ansatz einen Paradigmenwechsel dar, indem biologische Systeme selbst zur Entwicklung von Qubits genutzt werden.
Diese Entdeckung, die durch Mittel der US National Science Foundation (NSF) und der Gordon and Betty Moore Foundation finanziert wurde, markiert einen bedeutenden Schritt in der Konvergenz von Quanteninformation und Biowissenschaften und eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis und die Manipulation biologischer Phänomene auf fundamentalster Ebene.