Eine aktuelle Studie aus Brasilien, veröffentlicht in Psychiatry Research, hat bedeutende biologische Aspekte im Zusammenhang mit Suizidgedanken aufgedeckt. Forscher identifizierten emotionale Dysregulationen, die mit dem präfrontalen Kortex verbunden sind, sowie potenzielle Blutbiomarker, die den Weg für ein besseres Verständnis der Neurobiologie hinter diesem komplexen Verhalten ebnen.
Die Untersuchung analysierte Daten aus verschiedenen Studien zu den Gehirnen von Personen, die Selbstmord begangen hatten oder nicht. Besonders bemerkenswert waren Dysregulationen im limbischen System, das eine entscheidende Rolle bei der emotionalen Kontrolle spielt, die im präfrontalen Kortex von Menschen, die ihr Leben genommen hatten, beobachtet wurden.
Durch die Anwendung eines systemsbiologischen Ansatzes integrierte das Team Ergebnisse aus mehreren Forschungsarbeiten, was es ihnen ermöglichte, Muster zu erkennen, die in früheren Studien möglicherweise übersehen wurden. Manuella Kaster, Professorin an der Federal University of Santa Catarina (UFSC) und Mitautorin der Studie, äußerte sich optimistisch über das Potenzial zur Identifizierung neuer therapeutischer Ziele in der Zukunft. "Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, dass dies eine behandelbare Bedingung ist," sagte sie.
Das Verständnis des suizidalen Verhaltens bleibt eine facettenreiche Herausforderung, die von Verhaltensmerkmalen wie Impulsivität und Risikoverhalten sowie psychologischen Bedingungen wie Depression und Schizophrenie beeinflusst wird. Umweltfaktoren, einschließlich frühkindlichem Stress, Trauma, Vernachlässigung und sozialer Isolation, spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle.
Die Forscher entdeckten Proteinveränderungen in Gliazellen, die das Nervensystem nähren und schützen, wobei insbesondere Astrozyten betroffen waren – Zellen, die Neuronen unterstützen und mit der entzündlichen Reaktion des Gehirns in Verbindung stehen. Weitere Veränderungen wurden in Wegen festgestellt, die mit psychologischen Störungen, einschließlich Depressionen, verbunden sind.
Kaster betonte die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes zur Analyse aller Faktoren, die zum Suizid beitragen, ohne einen zu vernachlässigen. Trotz dieser Erkenntnisse sind weitere Forschungen erforderlich, um die identifizierten Beziehungen zu bestätigen, da die Studie Einschränkungen wie eine geringe Teilnehmerzahl anerkennt.
Daniel Martins-de-Souza, Forscher am D'Or Institute for Research and Education, hofft, dass diese Ergebnisse eine klarere Perspektive auf die physiologischen Aspekte des Suizids bieten. Er wies jedoch darauf hin, dass genetische Faktoren nicht allein entscheidend sind, da Umweltfaktoren einen erheblichen Einfluss auf biologische Reaktionen haben.
Besorgniserregend ist, dass die Suizidraten insbesondere bei Jugendlichen hoch sind und sie die vierthäufigste Todesursache in dieser Altersgruppe weltweit darstellen, wobei die Weltgesundheitsorganisation darauf hinweist, dass die Zahlen möglicherweise unterschätzt werden. Suizidgedanken entstehen typischerweise aus einer Konvergenz interner und externer Faktoren und nicht aus isolierten Vorfällen.
Eine europäische Umfrage mit 3.000 Teilnehmern ergab, dass Suizidgedanken sowohl mit distalen Faktoren wie Kindheitstrauma und ADHS-Symptomen als auch mit proximalen Faktoren wie psychotischen Erfahrungen, Depression oder Schlaflosigkeit verbunden sind. Im Gegensatz dazu können schützende Faktoren wie starke familiäre und schulische Beziehungen, positive Freundschaften, kultureller Hintergrund, Selbstwertgefühl und emotionale Intelligenz das Risiko mindern.