Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat außergewöhnlich gut erhaltene Gletscherformen entdeckt, die fast einen Kilometer unter der Nordsee begraben sind und auf ein Alter von etwa einer Million Jahren datiert werden.
Die Forscher verwendeten 3D-seismische Technologie, die ursprünglich zur Bewertung der Eignung von Sedimenten für Öl-, Gas- und erneuerbare Energieinfrastrukturen entwickelt wurde, um diese antiken Merkmale aufzudecken. Die Technologie offenbarte eine Landschaft, die von einem riesigen Eisschild geformt wurde, der einst von Norwegen in Richtung der britischen Inseln reichte. Die seismischen Daten zeigten auch längliche Furrows, die in den ehemaligen Meeresboden von starken Meeresströmungen eingegraben wurden, die der Vorstufe des Eisschildes vorausgingen, was auf eine dynamische Meeresumgebung hinweist.
Dr. Christine Batchelor, eine Senior Lecturer für Physische Geographie an der Newcastle University, betonte die Bedeutung der Untersuchung, wie vergangene Gletscher auf langfristige Klimaveränderungen reagierten. Der Hauptautor Dr. Dag Ottesen vom Geologischen Dienst Norwegens stellte fest, dass die hochauflösenden Daten es ermöglichen, die unter dem Nordsee-Sediment begrabenen Landschaften detailliert zu untersuchen.
Das Forschungsteam identifizierte Gletscherformen, darunter stromlinienförmige Kämme, die durch die Bewegung von Eis geformt wurden, sowie Merkmale, die den Rückzug des Eisschildes markieren. Sie fanden heraus, dass starke Meeresströmungen die Region der Nordsee dominierten, bevor die Eisschilde vor etwa einer Million Jahren Einzug hielten, den Meeresboden formten und längliche Furrows schufen.
Moderne seismische Daten deuten darauf hin, dass sich die Eisschilde in Nordwesteuropa erheblich ausdehnten, als Reaktion auf eine Klimakühlung vor etwa einer Million Jahren, was mit der Mid-Pleistocene Transition übereinstimmt, einer Zeit, die die globalen Klimamuster umgestaltete.
Das Verständnis, wie frühere Eisschilde auf klimatische Veränderungen reagierten, kann helfen, bessere Vorhersagen darüber zu treffen, wie die heutigen Eisschilde auf die globale Erwärmung reagieren werden. Dr. Batchelor erklärte, dass der nächste Schritt darin besteht, lange Sedimentkerne zu erwerben, um das Timing glazialer Ereignisse besser zu verstehen. Das Forschungsteam erkennt an, dass eine Einschränkung der Studie der Mangel an Daten über das genaue Alter der Formen ist.
Dr. Ottesen erklärte, dass diese Ergebnisse die bestehenden Vorstellungen von der glazialen Geschichte der Nordsee erheblich umschreiben. Die Identifizierung antiker Gletscherformen war historisch gesehen schwierig, da sie unter dicken Sedimentschichten begraben sind.
Weitere Co-Autoren der Studie sind Helge Løseth von Equinor ASA und Harald Brunstad von Aker BP ASA. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht.